Kein schöner Land

Workshop mit Schülern der HTL Villach, 5. Klassen (30 SchülerInnen, 4 Lehrer) im Rahmen der Impulswoche "technik bewegt 2020".

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RaumGestalten Projektdokumentation

Ein Land verliert seine Schönheit. Tag für Tag[1]
Tageszeitungen widmen sich immer öfter den Problemen der zunehmenden Verödung von Ortskernen im ländlichen Raum, Abwanderung und Zersiedelung

Diese Schlagzeile lieferte die Grundlage für das Projekt, das sich an die Bautechnik-SchülerInnen der HTL Villach richtete und ihnen ermöglichen sollte, sich abseits des Unterrichts in der Schule mit dem Thema Raumplanung und Raumordnung auseinanderzusetzen. Der Lehrplan beinhaltet im Bereich „Baubetrieb und Baumanagement“ zwar die Übersicht der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Raumplanung, jedoch keine Vermittlung von theoretischen bzw. planerischen Inhalten bzw. Übungen zur Raum-, Orts- oder Städteplanung bzw. -entwicklung. Ein Verständnis der angehenden BautechnikerInnen für die überregionale Gestaltung unseres Lebensraumes und die bewusste Auseinandersetzung damit ist jedoch von essentieller Bedeutung. Das Ziel sollte sein, die SchülerInnen als potentielle zukünftige MitarbeiterInnen von ländlichen Gemeinden bzw. als MitarbeiterInnen im Bau- und Baunebengewerbe für das Thema Thema Raumplanung zu sensibilisieren, die Konsequenzen der Zersiedelung sowie den Zusammenhang vom Supermarkt auf der grünen Wiese mit der Verödung von Ortskernen, gesichtslosen Ortseinfahrten, etc. sichtbar zumachen und ihre Wahrnehmung im Hinblick auf  Qualität, Behutsamkeit, Ortsbild, Nachhaltigkeit, Genius loci, Klimawandel, Lebensqualität, etc. zu schärfen.

Trotz coronabedingter Verschiebung und Adaptierung des Programms konnte das Projekt im Oktober 2020 durchgeführt werden – mit einigen Abstrichen, die aber wiederum Raum für neue Ideen eröffnet haben. Die beiden Klassen konnten aus Gründen des Social Distancing nicht zu den selben Terminen miteinander arbeiten, Gruppenarbeiten und Präsentationen fanden nur innerhalb des Klassenverbands statt, und auch die geplanten Exkursionen in ausgewählte Modellgemeinden mussten aus denselben Gründen abgesagt werden. Außerdem befinden sich die Klassen mittlerweile im Maturajahr und haben inhaltlich andere Prioritäten und zeitlich begrenzte Kapazitäten.

In getrennten Workshops mit beiden Klassen machten die SchülerInnen im Architektur Haus Kärnten durch fachliche Inputs zu Raum-und Freiraumplanung mit der komplexen Thematik. Einige vom Architektur Haus Kärnten erstellte Kurzfilme zum plakativen Thema „Billig bauen“[2] unterstreichen ergänzend auf anschauliche Weise die Auswirkungen und Zusammenhänge von Häuslbauerträumen und der Endlichkeit von bebaubarem Raum.

Als Übung zum Lesen von informativen Plangrafiken beschäftigten sich die SchülerInnen mit Schwarzplänen unterschiedlicher Orte aus Kärnten, aus denen Dichte, Bebauungsstruktur und Entwicklungen von Siedlungen gut ablesbar sind, da sie die Baumassen einer Stadt oder eines Ortes anschaulich abbilden. Auch Auswüchse der Zersiedelungspolitik lassen sich aus diesen Darstellungen oder aus Luftbildern gut erkennen.

Dass alleine die Entscheidung, wo und wie man wohnen möchte, eine lange Kette an Konsequenzen für sich selbst und die Allgemeinheit nach sich zieht, zeigt die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wohnformen. Welche Vor- und Nachteile hat eine Wohnung in der Stadt? Was zieht Familien in den Speckgürtel? Warum ist das Einfamilienhaus als Wohnform so beliebt? Wie gestaltet sich das Wohnen in einem dörflichen Gefüge? Ausgehend von ihrer eigenen Lebensrealität aber mit einem doch mutigen Blick über den Tellerrand versuchten die SchülerInnen, Wohnentscheidungen und die raumplanerischen Folgen miteinander in Zusammenhang zu bringen.

Eine weitere Beschäftigung mit dem Thema wäre wünschenswert, doch obwohl sich die SchülerInnen jetzt verstärkt den Herausforderungen ihres letzten Schuljahres zuwenden, ist das Projekt noch nicht zu Ende: die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Projekt werden in die Erstellung eines Spiels einfließen, das in Zukunft als Vermittlungsinstrument in anderen Schulklassen sowie in Gemeinden und Ämtern eingesetzt werden soll. Es bleibt zu hoffen, dass auch die jungen HTL-AbsolventInnen eine wichtige und verantwortungsbewusste Rolle in diesem Spiel übernehmen.

Schule
HTL Villach, Kärnten, 5.AHBTH und 5.BHBTH

Lehrer
Gerfried Ogris, Hannes Pühringer, Dieter Maurer, Manfred Güldner

Baukulturexpertise
Christine Aldrian-Schneebacher, ARCHITEKTUR_SPIEL_RAUM_KÄRNTEN
Elias Molitschnig, Land Kärnten, Abteilung 3, Raumordnung und Gemeinden
Lena Uedl-Kerschbaumer, Landschaftsplanerin, lenaplant, ARCHITEKTUR_SPIEL_RAUM_KÄRNTEN

[1] Quelle: Artikel Salzburger Nachrichten Raumordnung: Das Desaster auf der grünen Wiesevon Heinz Bayer , 15. April 2013, https://www.sn.at/salzburg/politik/raumordnung-das-desaster-auf-der-gruenen-wiese-5024173, aufgerufen am 28.11.2019

[2] http://www.billigbauen.info

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