Architektur und Bauforum_16.02.2015_Mehr als ein Versprechen?
Am 01.März 2015, finden in Kärnten die Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen statt. Knapp 80.000 Wahlberechtigte können dabei in der Landeshauptstadt Klagenfurt vom demokratischen Recht Gebrauch machen und mit ihrem Kreuz am Stimmzettel aktiv neue Weichen für die Zukunft der Stadt stellen.
Gemeinderat, Stadtparlament und Bürgermeister werden für die nächsten sechs Jahre gewählt. In Klagenfurt herrscht eine generelle Unzufriedenheit mit der Stadtpolitik, leeren Kassen und der Stillstand bei brisanten Großprojekten wie Hallenbad oder Eishalle. Genauso offen wie das Ergebnis im März sein kann, sind auch derzeit die breit gestreuten Wahlkampfthemen der Kandidaten um den Bürgermeistersessel. Klagenfurt ist eine Stadt mit vielen alten Baustellen und einem aktuellen Wahlkampf. Alle Parteien haben mindestens einen „Plan“ dafür oder wollen auf einmal wieder „investieren“, wieder „anpacken“, wieder „zusammenarbeiten“, wieder „leistbaren Wohnraum schaffen“, wieder „Baugeld“ ausschütten, bezweifeln die ehrlichen Absichten von „Investoren“ und vieles mehr.
Klartext zu baukulturpolitischen Ansätzen
Deshalb nutzten die Kammer für Ziviltechniker für Steiermark und Kärnten, das Architektur Haus Kärnten und die Plattform Baukulturpolitik die Gelegenheit und luden die Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten am 29. Jänner zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion über die Zukunft der Klagenfurter Baukultur.
Allein die angespannte Budgetlage der Stadt wurde immer wieder zu bedenken gegeben. Baukultur ist aber keine Frage von viel „Baugeld“ sondern „nur“ von vorausschauender Planung. Wird dieser Diskurs auch nach der Wahl weitergeführt, so bleibt zu hoffen, dass das Thema Baukultur sich über die Jahre in der Öffentlichkeit ähnlich prominent platzieren kann wie dies dem Thema Umweltschutz in den letzten Jahrzehnten gelungen ist. Gerade jetzt, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wäre es sinnvoll die kreativen Kräfte in hohem Maß zu beanspruchen um problemlösende Konzepte zu entwickeln und zu positionieren. Aber das Bedarf zu aller erst einem aufrichtigen Bewusstsein und daraus hervorgehendem politischem Bekenntnis zur Baukultur!
Die anwesenden Vertreter der Architektur- und Baukulturinitiativen haben die Diskutanten eingeladen mit Ihnen einen neuen Weg der Bau- und vor allem Gesprächskultur zu gehen. Gerade bei Baukultur geht es um ein Verständnis für die Bedingungen, Prozesse und Ergebnisse des Planes und Bauens. Wer darüber bescheid weiß qualifiziert sich sein eigenes Umfeld aktiv mitzugestalten, die Beteiligung an Planungsaufgaben und es schafft die Basis, um in gesellschaftlichen Diskussionen mitreden zu können (also nicht nur was für Architekten sondern für jeden von uns, besonders aber für Politiker).
Heisse Luft oder Zukunftsvisionen?
In zwei Stunden bewegter Diskussion mit reger Publikumsbeteiligung kamen aber nicht nur die brennenden Infrastruktur- und Bau-Themen Klagenfurts, wie Ostbucht, Hotel Wörthersee, Eishalle, Hallenbad udgl. zur Sprache, sondern wurden auch viele Zukunftswünsche und -visionen in den Raum gestellt. Von einer Verlegung des Busbahnhofs und des Messegeländes bis hin zu einem Hochhaus oder Bildungsboulevard in St-Ruprecht brachte jeder eine neue Idee für Klagenfurt vor.
Eine Stimme aus dem Publikum nutzte die Anwesenheit der Spitzenkandidaten und sprach sich für 2 Wünsche aus: zum einen mehr Mut für innovative (Leuchtturm)Projekte und zum anderen klare Vorgaben und Richtlinien für Genossenschaften im sozialen Wohnbau hin zu fairen Wettbewerben mit der Berücksichtigung von Grün- und Freiräumen. Eine bauliche Verdichtung im Siedlungsraum wird ja schon seit Jahren forciert. Sie führt aber auch zu einem erhöhten Bedarf an hochwertigen Frei- und Grünräumen vor allem im direkten Wohnumfeld.
Bürgermeister Christian Scheider stellte dazu vorab schon fest, dass Klagenfurt zwar eine hohe Lebensqualität mit viel städtischem Grün hat, es aber leider so ist, dass beim Wohnungsbau nur die gesetzlichen Mindeststandards an Ausstattung mit wohnungsnahen Freiflächen angeboten werden. Er schlägt hierfür ein Nachschärfen der Bauordnung im Sinne höherer Standards im wohnungsnahen Freiflächenangebot vor. Stadtplanungsreferentin Marie-Luise Mathiaschitz fügt in der Diskussion hinzu, dass der Ausbau des „Grünen Netzes“ im STEK 2020+ verankert wurde und sie sich klar für eine Entlastung der Ostbucht als Groß-Eventbühne ausspricht. Darüber hinaus wurde in letzter Zeit der Verkauf von städtischen Liegenschaften mit der Durchführung von Architekturwettbewerben verknüpft um einen zukunftsorientierten Qualitätsanspruch zu sichern.
Einigkeit zur Förderung der Baukultur
Vorsichtiges und wohldurchdachtes Planen wären das Gebot der Stunde, da waren sich alle sieben Diskutanten einig. Aber es herrschte auch ansonsten Einklang an breiter Front. Alle gaben ein klares Bekenntnis zu qualitätsvoller Architektur, zu mehr Baukultur und zu Architekturwettbewerben ab. Nur bei sogenannten Public-Private-Partnership-Projekten, in denen private Investoren Aufgaben der öffentlichen Hand übernehmen und Beispielsweise ein neues Hallenbad privat errichten und an die Stadt vermieten sollen, gingen die Meinungen weit auseinander. Während Renate Kanovsky-Wintermann vom Team Kärnten sich für PPP-Projekte unter bestimmten Voraussetzungen ausspricht, stehen die restlichen 6 Diskutanten solchen Modellen sehr kritisch gegenüber. „Kommunale Bauten sollten kostendeckend aber nicht gewinnbringend betrieben werden. Bei jeder privaten Beteiligung steht nämlich die Gewinnoptimierung im Vordergrund“, so Albert Gunzer von der Bürgerallianz und ehemaliger FPÖ Finanzstadtrat von Klagenfurt. Frank Frey von den Grünen ergänzt: „Es muss weiterhin die öffentliche Aufgabe sein, die technische und soziale Infrastruktur bereitzustellen. Dies wird sicherlich nur mit Innovationen und neuen Modellen gehen, für die eine Stadt über den Tellerrand hinausschauen muss!“
Absichtserklärung unterzeichnet
Wie im Wahlkampf üblich zeigten sich alle anwesenden Politiker überaus offen für die Vorschläge und Forderungen ua. nach Architekturwettbewerben bei Großprojekten, mehr Bürgerbeteiligungsverfahren, einem Gestaltungsbeirat für Klagenfurt und stimmten auch den durchaus kritischen Einwürfen aus dem Publikum im Großen und Ganzen zu.
Dabei wurde an diesem von Bernhard Bieche moderierten Abend, aber nicht nur geredet. Christian Scheider (FPÖ), Marie-Luise Mathiaschitz (SPÖ), Otto Umlauft (ÖVP), Frank Frey (GRÜNE), Renate Kanovsky-Wintermann (TEAM KÄRNTEN), Albert Gunzer (BÜRGERALLIANZ), Willy Haslitzer (DIE UNABHÄNGIGEN) erhielten am Schluss mit dem österreichischen Baukulturreport auch eine einschlägige Lektüre zur Vorbereitung auf dieses. Außerdem unterschrieben sie alle bereitwillig eine Absichtserklärung, die in der Diskussion gemachten Versprechen bzgl. Wettbewerben zur Sicherung einer nachhaltigen Architektur für Klagenfurt auch nach der Wahl einzuhalten. Um dies zu gewährleisten und die politischen Verantwortlichen später auch daran zu erinnern wurde die gesamte Veranstaltung auf Video aufgezeichnet und nachbereitet. Zudem wurden im Vorfeld der Diskussion sechs konkrete Fragenstellungen den Parteien zugesandt. Alle hatten die Möglichkeit diese schriftlich zu beantworten und taten dies auch ausführlich. (Nachlese unter: www.architektur-kaernten.at).
Es bleibt am Schluss nur zu hoffen, dass die Aussagen bei der Diskussion keine leeren Wahlversprechen bleiben und nach dem 2. März wieder in einer Schublade verschwinden, sondern auch wirklich zu einem Wendepunkt für Klagenfurt werden – und angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in den Bundesländern Wien, Burgenland, Steiermark und Oberösterreich sogar weitere Kreise ziehen mögen.
Artikel: DI Raffaela Lackner (Leiterin Architektur Haus Kärnten)
für Architektur und Bauforum_PLANEN (Ausgabe: 16.02.2015)