AUFBAUENDes im Volkskino Klagenfurt_Nachbericht
Bauen ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Baukultur drückt jedoch mehr als Bauen aus. Sie ist der Mehrwert, der durch vorbildliche Planung und qualitätsvolle Umsetzung geschaffen wird. Hinter solchen Projekten stehen Menschen, die sich als AuftraggeberInnen, PlanerInnen oder NutzerInnen leidenschaftlich für besondere Ergebnisse einsetzen. Denn Baukultur verbessert unser tägliches Wohnen und Arbeiten und geht weit über ökonomische Verwertbarkeit hinaus.
Am 7. Mai 2015 fand im Volkskino Klagenfurt ein besonderer Filmabend über Kärntner Baukultur statt, der den Auftakt der diesjährigen Architekturfilmtage bildete. Die Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten und das Architektur Haus Kärnten luden das interessierte Publikum ein, ausgewählte Kurzbeiträge der Sendung „AUFBAUEND“ über beispielhaft Gebautes anzuschauen, die der ORF in den letzten zwei Jahren für die Bundesländersendung „Kärnten heute“ produziert hatte. Bereichert wurden die 3x3 Beiträge durch Filmgespräche, in denen die wesentlichen Akteure unter der Moderation von Bernhard Bieche, Chefredakteur des ORF Kärnten, zu Wort kamen und Einblick in Entstehung, Prozess und Hintergründe ihrer Bauprojekte und Initiativen gaben.
Als Einstieg erzählten die beiden Kuratorinnen der Sendung AUFBAUEND, Architektinnen Barbara Frediani-Gasser und Gordana Brandner-Gruber, vom Entstehungsprozess. Durch die Initiative von Frediani-Gasser konnte der ORF gemeinsam mit der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten für das Thema gewonnen werden. Jeder Staffel ging ein längeres Auswahlverfahren voran. Die Kammer sammelte bisher rund 200 Projekte, die in zehn relevante und wegweisende Kernthemen gegliedert wurden. Für jedes Kernthema schlugen die Kuratorinnen gemeinsam mit den Kammergremien Vorzeigeprojekte oder -initiativen sowie Interviewpartner vor und stimmten sie mit dem ORF ab, um die Bandbreite im Land zu zeigen. Horst Ebner leitete als erfahrener ORF-Kulturredakteur alle Beiträge redaktionell, die er als ansprechende Geschichten für die ZuseherInnen von „Kärnten heute“ aufbereitete.
Der gut besuchte Filmabend gliederte sich in die drei Themenschwerpunkte Architektur, Technik und Baukulturvermittlung. Die Beiträge über „Architektur“ behandelten das Bauen mit Holz als heimischen, ressourcenschonenden Baustoff, der bei Neubau und Umbau gleichermaßen Atmosphäre schafft. Die Volksschule Gnesau wartet nach dem Umbau mit heimeligen Holzklassen in Tanne, Fichte, Lärche und Zirbe auf. Zwei alte Stadel wurden durch Eigeninitiative in einen Kulturstadel in Maria Rojach und einen Tanzhof nahe dem Klopeiner See verwandelt. Und die beachtliche Holz-Wohnbauoffensive in Feldkirchen vor rund fünfzehn Jahren führte zur Errichtung einiger mehrgeschossiger Wohnanlagen aus Holz. Im darauf folgenden Filmgespräch sah Architekt Ernst Roth die Politik gefordert, bessere Rahmenbedingungen für die kostengünstige Umsetzung zu schaffen und den zunehmend erschwerenden Auflagen entgegenzuwirken. Manfred Probst erzählte als Initiator und Betreiber des Kulturstadels von der guten Auslastung des stimmigen Veranstaltungssaales. Und Herwig Seisser sprach sich als Politiker und ehemaliger Verantwortlicher der Feldkirchner Wohnbauinitiative einmal mehr für den regionalen Baustoff und seine innovative Einsetzung durch das Verfahren des Architekturwettbewerbs aus.
Der zweite Schwerpunkt „Technik“ zeigte Filmbeiträge über große Infrastrukturprojekte in Kärnten, die in den letzten Jahrzehnten gebaut wurden oder sich im Bau befinden. Beeindruckende technische
Leistungen wurden beim Brückenausbau der Packautobahn, dem Ausbau des Pumpspeicherkraftwerks Reisseck II und dem Neubau der Koralmbahn ersichtlich. Tragwerksplaner Herbert Horn erörterte im Filmgespräch die Herausforderungen seiner hohen Brückenbauwerke über alpine Täler und plädierte dafür, dass gerade ingenieurtechnische Leistungen keinem Preisdumping unterliegen dürfen. Philipp Schumacher, der für den Ausbau des Pumpspeicherkraftwerks Reisseck II zu einer grünen Batterie im Berg mit verantwortlich zeichnet, führte das Ziel vor Augen, dass die alpine Großbaustelle auf 2.300 Meter Höhe nach ihrer Fertigstellung von außen fast nicht mehr zu erkennen sein werde. Karin Pöllinger berichtete von der Vermessung der grünen Wiese für die Trassenlegung der Koralmbahn bis zu ihrer Fertigstellung, bei der Geometer den Erdaushub wieder in Landschaft verwandeln.
Als dritter Themenschwerpunkt folgten Beiträge über erfolgreiche Initiativen für die Vermittlung von Baukultur. Das Architektur Haus Kärnten in Klagenfurt wurde mit seinen zahlreichen Aktivitäten ebenso vorgestellt wie „Technik bewegt“ und als letzter Beitrag der Architekturwettbewerb als Mittel zur Qualitätssteigerung. Raffaela Lackner berichtete als Geschäftsführerin des Architektur Hauses Kärnten im dritten Filmgespräch über Ausstellungen, Symposien, Workshops und Exkursionen. Christine Aldrian-Schneebacher konnte als Vorsitzende ihres Vereins Architektur_Spiel_Raum_Kärnten davon erzählen, wie sie Kindern und Schulklassen das Thema spielerisch näher bringt, zum Beispiel ziviltechnische Berufe mit dem Programm „Technik bewegt“. Und Architekt Werner Kircher, der für den Ausschuss der Architekturwettbewerbe in der Kammer verantwortlich ist, führte letztendlich die Vorteile dieses Prozesses vor Augen, den es in Kärnten zu stärken gilt. Damit könnte auch dem ziviltechnischen Nachwuchs ermöglicht werden sich mit den Etablierten zu messen, weil die beste geistig-schöpferische Leistung zählt.
Bevor es zu Getränken und Buffet ins Kino Café ging, bedankte sich Architekt Reinhard Hohenwarter, Vizepräsident der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten, bei allen Beteiligten und vor allem dem ORF für die vorbildhafte Auseinandersetzung mit Baukultur. Rund 260 ZiviltechnikerInnen-Büros mit durchschnittlich vier MitarbeiterInnen sind es in Kärnten, die sich um innovative und gleichzeitig regionalbewusste Planungen täglich dem internationalen Wettbewerb stellen. Ihre besten Ergebnisse sollen weiterhin in ORF-AUFBAUEND-Staffeln für die Bevölkerung sichtbar gemacht werden.
Alle Beiträge sind unter www.ztkammer.at und www.architektur-kaernten.at abrufbar.