Bauen am Land: „Baukultur und Landwirtschaft“
Bauen am Land: Teil 1
BAUKULTUR IM KÄRNTNER BAUER
Schwerpunkt im Rahmen vom Baukulturjahr 2021
von der FH Kärnten, dem Architektur Haus Kärnten und der Landwirtschaftskammer Kärnten
Vorwort
Serie und Wettbewerb im Zeichen der Baukultur
2021 öffnet Kärnten seinen Blick auf seine Baukultur. Mit einer interaktiven Baukulturlandkarte sowie einem breiten Vermittlungsprogramm wird unter dem Motto „Kultur Raum Landschaft“ der Zusammenhang zwischen Landschaft und dem Gebautem begreifbar werden. Das Baukulturjahr ist auch der Grund für den Start einer Zusammenarbeit dreier Institutionen: Des Architektur Hauses Kärnten, als zentrales Forum für baukulturelle Vermittlung in Kärnten mit Ausstellungen, Vorträgen, Publikationen und Workshops, der Fachhochschule Kärnten, Studiengang Architektur am Campus Spittal, die als Ausbildungsstätte junger Architektinnen und Architekten den Schwerpunkt rurales und soziales Bauen behandelt und sich dabei um viele Problemstellungen des ländlichen Raums kümmert und der Landwirtschaftskammer Kärnten, der es ein großes Anliegen ist, der Landwirtschaft wieder mehr Identität durch gebaute Qualität zu verleihen. Die Serie „Bauen am Land“ im Kärntner Bauer soll einen Beitrag dazu leisten. Über ein Jahr hinweg werden in regelmäßigen Abständen gestaltungsrelevante Schwerpunkte für das Bauen im ländlichen Raum bearbeitet. Ergänzt werden die Beiträge durch Best-Practice- Projekte sowie Buchempfehlungen, Veranstaltungshinweise und praktische Tipps. Eine Sonderbeilage porträtiert gebaute Beispiele und deren Besonderheiten. Architektinnen und Architekten, Planerinnen und Planer, Bauherrinnen und Bauherren sowie Expertinnen und Experten kommen zu Wort und skizzieren so den steigenden Wert der Ressource Landschaft. Im Rahmen der Baukulturserie werden auch die Ergebnisse eines österreichweiten Ideenwettbewerbs für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende präsentiert, den die Fachhochschule Kärnten ausschreibt. Unter dem Titel „speiseKAMMER21 – regionaler Genuss“ sind zukunftsfähige, flexible und ansprechende Gestaltungen für Direktvermarkter sowie Hofläden gesucht. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger obliegt einer interdisziplinären Jury. Freuen Sie sich auf einen Querschnitt aktueller Themen rund ums Planen, Bauen und Sanieren bei landwirtschaftlichen Bauvorhaben. Folgen Sie uns in alle Regionen des Landes um hochwertige Projekte und Prozesse vor den Vorhang zu holen. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie die Besonderheiten Ihres eigenen Lebensumfeldes. (Dipl.-Ing. Raffaela Lackner, Leiterin Architektur Haus Kärnten)
Der ländliche Raum ist geprägt von seinen Nutzern.
Neben der Bewirtschaftung sind Bauten von zentraler Bedeutung und formen unsere Heimat.
von Dipl.-Ing. Raffaela Lackner
Kärnten ist ein schönes Land. Wir werben mit unberührter Natur, sonnigen Wiesen, Trinkwasserqualität und intakter Kulturlandschaft um Touristen. Im selben Augenblick zerstören wir, was wir auf Postkarten, Werbebroschüren und Prospekte drucken. Statt Baukultur herrscht leider vielerorts gebaute Unkultur, und die Landschaft ist in Gefahr. Zersiedelte Landschaftsräume, Fleckerlteppiche aus Einfamilienhäusern auf ehemals grünen Wiesen, steigende Grundstückspreise und die stetige Versiegelung von Boden bedingen eine wachsende Klimakrise. Naturbelassene Erholungsräume verschwinden zunehmend, es sei denn, sie werden unter Schutz gestellt. Seit jeher prägen bauliche Strukturen unseren Lebensraum und sind ein wichtiger Baustein für die Identität einzelner Regionen in Kärnten. Die begrenzte Verfügbarkeit von Materialien, eine sehr hohe Qualität an Handwerkstechniken und einfache Bauverfahren bestimmten in der Vergangenheit den Gestaltungspielraum von landwirtschaftlichen Bauten. Überliefertes Wissen, Proportion, Material, Farbe, Form, Funktionalität und Handwerk haben über Jahrhunderte Typologien geformt. In der heutigen Zeit sind Bauverfahren vielschichtiger und facettenreicher geworden. Normen und Vorschriften bestimmen den Alltag, und eine multiplexe Produktpalette ermöglicht unüberblickbare Möglichkeiten. Bei Neubauten oder Erweiterungen steht häufig die Agrarproduktion im Fokus. Die regionale Bautradition stößt dabei an ihre Grenzen und wird in vielen Fällen nicht berücksichtigt. Stattdessen entstehen vielerorts „überregional“ identische Bauten aus Stahl, Blech und Beton, ohne Maßstab oder Bezug zum Umfeld. Dies geht auf eine Spezialisierung der tierhaltenden Landwirtschaft zurück. Um dem wirtschaftlichen Druck Stand zu halten, ist der Schritt für einen Agrarbetrieb mit immer größeren Ställen und Nutzbauten sowie aufwändigen Tierhaltungsverfahren verbunden. Besonders Laufställe fallen sehr großvolumig aus und prägen damit ohne Zweifel das neue Erscheinungsbild des Ländlichen Raums. Gerade, weil bei baulichen Investitionen die finanziellen Spielräume nicht sehr groß sind, sollte nachhaltig mit der Unterstützung von Expertinnen und Experten geplant und gebaut werden. Funktionale Zweckbauten können durchaus auch ästhetisch und ansprechend gestaltet werden, ohne den Kostenrahmen zu sprengen.
Holz als Symbol der Nachhaltigkeit
Es braucht ein viel stärkeres Bewusstsein, dass Entscheidungen eines landwirtschaftlichen Betriebs eine starke Außenwirkung erzeugen, denn Landwirtschaft formt unser aller Lebensumfeld entscheidend mit. Jeder kennt die Bilder von den Mais- oder Weizenfeldern am Dorfrand, den Kuhweiden, den Obst- und Bauerngärten, den Hühner- oder Schweineställen, den Troadkästen oder den Heuharpfen inmitten saftig grüner Wiesen. Über ein grundsätzliches baukulturelles Verständnis können Werthaltungen kommuniziert und vermittelt werden. Mit jedem Bauwerk wird Stellung bezogen. Eine zukunftsfähige Perspektive für die Landwirtschaft könnte der Einsatz von nachhaltigen Baumaterialien, insbesondere Holz, werden. Das Bauen mit Holz ist nicht nur ökologisch, sondern es überzeugt vor allem durch seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Wie früher üblich, könnte beim Bauen Holz aus dem eigenen Wald zum Einsatz kommen. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Baukosten, Errichtungszeit, Funktionssicherheit sowie neue Materialkombinationen des konstruktiven Holzschutzes greifbare Vorteile geworden sind. Vielmehr hat das Bauen mit Holz eine Symbolwirkung für nachhaltiges Handeln. Dieser Faktor wird unmittelbar bei Betrieben sichtbar, die direkt mit Kunden in Kontakt treten. Sei es bei Direktvermarktern, in Hofläden, bei touristischen Angeboten, oder aber auch bei Auftritten im Internet. Der Ruf der Konsumenten nach Regionalität und Nachhaltigkeit wird durch die weltweite Pandemie immer lauter. Nicht selten wird die Entscheidung dazu aufgrund von Bildern auf der Website oder auch Haltungen der Erzeugerinnen und Erzeuger getroffen. Die Kunden wollen wissen, woher ihre Eier, der Speck, das Brot oder die Marmelade kommt. Bäuerinnen und Bauern werden somit zu Vorbildern und oft auch zum Aushängeschild für Handelsbetriebe, die regionale Produkte in ihrem Sortiment aufnehmen. Angemessene Architektur, die eine ökologisch nachhaltige, funktionale und auch authentische Formensprache spricht, könnte zudem ein Schlüssel für diese neue Kommunikationsstrategie werden.
Kommentar
Bauen am Land
Zum Jahr der Baukultur in Kärnten ist unser Beitrag eine Serie von Artikeln über das Bauen am Land. Monatlich wird ein spezifisches Thema behandelt. Im Juni gibt es eine Beilage mit vielen Beispielen, vornehmlich aus dem Holzbau. Wir konnten dankenswerterweise das Architektur Haus Kärnten (Klagenfurt am Wörthersee) und die Fachhochschule Kärnten (Studiengang Architektur, Spittal an der Drau) dazu gewinnen, die Baukultur in unserem schönen Land näher zu beleuchten. Bauen ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Sich ein „Nest“ bauen, das gemütlich, aber vor allem sicher ist. Sich Räume zu bauen, um Tiere darin unterzubringen, um darin Dinge zu lagern, darin zu arbeiten oder auch darin zu beten. Bauen ist immer ein kultureller Akt, Gebäude prägen die Landschaft und die Landschaft prägt wiederum die Gebäude. Noch nie war das Bauen so leicht, aber auch so teuer wie heute – eine schier unüberschaubare Zahl an verschiedenen Materialien, an Baustilen, an statischen Möglichkeiten lassen der Selbstverwirklichung großen Spielraum.
Aber gerade im Zusammenhang mit unserer „Perspektive Land- und Forstwirtschaft 2030“ ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Bauen eine wichtige, ja eine unverzichtbare und gleichzeitig spannende Sache. Einsatz von eigenen, am Hof vorhandenen Materialien (Holz, Stroh etc.), klimagerechtes Bauen, sparsamer Einsatz von Ressourcen, von Energie und Geld – alles Zukunftsthemen, denen wir uns stellen müssen. (KAD Dipl.-Ing. Hans Mikl)
Informationen zum Baukulturjahr gibt es auch auf
www.architektur-kaernten.at, Architektur Haus Kärnten
www.fh-kaernten.at/studium/bauingenieurwesen-architektur, Fachhochschule Kärnten, Studiengang Architektur
www.baukulturleben.at, Baukulturjahr 2021 in Kärnten
Den vollständigen Artikel finden sie seitlich unter Downloads ...