Boden als Chance und Spekulationsobjekt
Eine Schau im Napoleonstadel beleuchtet die vielen Facetten von Grund und Boden.
Zwischen 2006 und 2019 hat die Flächeninanspruchnahme um 25,4 Prozent zugenommen. Wenn sie in diesem Maß voranschreitet, gibt es in Österreich im Jahr 2173 keinen produktiven Boden mehr“. Mit solch düsteren Fakten konfrontiert eine Wanderausstellung, die ab heute im Klagenfurter Napoleonstadel Station macht. Anhand der informativen Schautafeln wird dabei rasch deutlich, dass der Titel „Boden für Alle“ lediglich als Forderung und Utopie gemeint sein kann. Denn Grund und Boden sind zwar begrenzt, aber mehr denn je zum Spielball kapitalistischer Interessen („Grundbuch statt Sparbuch“) geworden – trotz drohender Klimakatastrophe, steigender Wohnungspreise und dem Schwinden landwirtschaftlich nutzbarer Flächen aufgrund von Zersiedelung oder Schaffung neuer Einkaufszentren. So sei in Österreich allein von 2007 bis 2017 die Zahl der Shoppingcenter von 172 und 235 angestiegen, heißt es auf einer anderen Schautafel.
Dieser Entwicklung könnten die heimischen Raum- und Bauordnungsgesetze zwar Einhalt gebieten, tun es aber viel zu wenig, wie etwa ein Best-Practice-Beispiel aus der Schweiz zeigt. In Basel hat man 2016 eine 50-prozentige Umwidmungsabgabe beschlossen, die in einen eigenen Fonds fließt. Über diesen werden öffentliche Grünräume aufgewertet oder neu geschaffen. Mehr als 100 Millionen Franken sind so bis 2019 zusammengekommen.
Insgesamt beleuchtet die Ausstellung so gut wie alle politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe des Themas und stellt letztlich die Frage: Wo bleibt eine weitreichende und mutige Bodenpolitik? Ein Katalog, Führungen und ein Vermittlungsprogramm für Schulen sollen bewirken, dass diese Frage auch in Kärnten auf fruchtbaren Boden fällt.EH
„Boden für Alle“. Architektur Haus Kärnten, Klagenfurt, St. Veiter Ring 10, Eröffn.: heute, 19 Uhr; Mo–Fr, 10–18 Uhr; bis 28.2.2023.
architektur-kaernten.at