Die Brücke 173/174 - Februar/März 2016_Seite 24+25
Freie Kulturarbeit in Kärnten
Experimentelle und konzeptionelle Initiativen sowie innovative Vermittlungsprogramme
Zahlreiche engagierte Kulturinitiativen - leider oft mit wenig Geld, aber dafür mit viel Einsatzbereitschaft und dem Willen zu einer manchmal fast bedenklichen Selbstausbeutung ausgestattet - tragen wesentlich zur kulturellen Entwicklung des Landes bei. In vielfältigen Kunstprojekten spiegelt sich das breite Angebot dieser wertvollen Kulturarbeit wider, ob in Ausstellungen in Galerie- oder Projekträumen oder in ortsspezifischen Interventionen im öffentlichen Raum, ob bei Filmvorführungen, Performances, Aktionen, Vorträgen oder Diskussionsrunden.
Anhand ausgewählter Beispiele soll diese Arbeit im Folgenden skizziert werden.
Viele der Initiativen beleuchten aktuelle, soziokulturelle Themen wie das Museum am Bach (siehe auch Seite 29) in Ruden unter der Leitung von Alex Samy mit einem Schaudepot zu sozialen Modellen und Utopien, jährlich wechselnden Saisonausstellungen oder dem 2015 erstmals durchgeführten zweitägigen Live-Kunst-Festival.
Oder der DAMENSALON, ein loses Künstlerinnen- und Künstlerkollektiv um Simone Dueller, Paula Perschke und Alexandra Pöscher, das an wechselnden Locations im Raum Villach Ausstellungen, Konzeptabende und Projekte zu den Themen Weiblichkeit, Rollenklischees und Feminismus veranstaltet. flux23 zeigt Kunst an der Schnittstelle zu sozialem Engagement, das kann in Verbindung mit Aktivismus sein, oder in dem bewussten Verzicht einer Grenzziehung zwischen insider und outsider art. Schon seit 1999 ermöglicht haaaauch-quer mit seinem innovativen Ausstellungskonzept ungewohnte Zugänge zur Kunst. Bei den Präsentationen internationaler, zeitgenössischer Kunstpositionen und der interdisziplinären Begegnungen mit der Kunst, mit Künstlerinnen und Künstlern greift auch haaaauch-quer gesellschaftlich relevante Themen auf.
Das Universitätskulturzentrum UNIKUM agiert nun schon seit drei Jahrzehnten im öffentlichen Raum in der Alpen Adria Region und fördert mit seinen grenzüberschreitenden und spartenübergreifenden Kunstprojekten einen experimentellen, progressiven und kommunikativen Austausch zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft. Das Unikum beteiligt sich seit jeher aktiv am kulturpolitischen Diskurs des Landes, in den Jahren 2015 und 2016 ist in den internationalen Projektreihe „GEFÄLLE PREPADI DISLIVELLI - Kunst und Aktion wider der Schwerkraft" der Fokus auf soziale, ökonomische und kulturelle Ungleichheiten in der Gesellschaft gerichtet.
Vom Lakeside Science & Technolog Park im Jahr 2005 gegründet und seither betrieben, verfolgt der Kunstraum Lakeside an der Schnittstelle von Forschung, Technologie, Wissenschaft und Wirtschaft in anspruchsvollen Ausstellungen und Veranstaltungen das Ziel, künstlerisch und theoretische Positionen zu vermitteln die den Blick auf gesellschaftliche, öknomische, politische und soziale Strukturen schärfen und zum kritischen Diskurs anregen. Heuer geht die Kuratorin des Kunstraums Hemma Schmutz unter anderem den Fragen nach, was ein der zeitgenössischen bildenden Kunst gewidmeter Raum in der spezifischen topografischen Lage am Rande der Stadt als Teil eines Wissenschafts- und Technologieparks leisten kann und welche Möglichkeiten und Ressourcen in diesem Umfeld aktiviert werden können.
Der Verein lendlhauer konzentriert sich in erster Linie auf den öffentlichen Raum, vorrangig auf das „Lendhafen-VierteI" in Klagenfurt, die von den lendlhauern realisierten Projekte stehen für eine nachhaltige, kulturelle, Stadtraumentwicklung. Ortsspezifische Installationen und Interventionen internationaler Künstler reflektieren aktuelle soziale und politische Bedingungen nicht ohne dabei ästhetische Tragestellungen außer Acht zu lassen. Neben den Kunstprojekten fokussiert sich der Verein auf die Entwicklung des urbanen Raums und die Belebung des Viertels. Zu diesem Zweck werden kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen oder Performances organisiert, dabei wird eng mit den lokalen Unternehmen und Institutionen zusammengearbeitet.
2016 ist der Verein an dem von < rotor> Zentrum für zeitgenössische Kunst Graz initiierten internationalen Austauschprogramm WEST BALKAN CALLING zwischen sechs Kunstinstitutionen in Südosteuropa und sechs in Österreich beteiligt, was die internationalen Anbindung Klagenfurts an das aktuelle Kunstgeschehen vorantreibt.
Zusätzlich dazu übernehmen die regionalen und überregionalen Initiativen die bedeutende Rolle der Kunstvermittler, einerseits im direkten, persönlichen Kontakt zur lokalen Bevölkerung und dessen Einbindung, andererseits durch engagierte Vermittlungsprogramme.
Das Architektur Haus Kärnten zeigt ganz nach seinem Motto „bau kultur leben“ einen maßgeblichen Einsatz für die Baukultur des Landes. Mit Ausstellungen, Exkursionen, Workshops, Vorträgen und Diskussionen wird das Bewusstsein für Architektur und die bebaute Umgebung geschärft, wobei auch besondere Vermittlungskonzepte für Kinder und Jugendliche unter anderem in Zusammenarbeit mit dem ARCHITEKTUR SPIEL RAUM_KÄRNTEN angeboten werden. Dabei werden die Beteiligten aktiv in gestalterische Prozesse eingebunden.
Das TEAM BINGO erkundet und erarbeitet seit einigen Jahren schon mit Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen und Schulformen Ausstellungen vorrangig im Künstlerhaus Klagenfurt, wobei ein wesentliches Augenmerk auf einfallsreiche und gestalterische Vermittlungskonzepte gelegt wird.
Abgesehen davon gibt es noch viele andere Initiativen, getragen von kreativen und bemühten Kulturschaffenden, vielfach auch in der Peripherie, wie die Kindermalwerkstätte der Künstlerstadt Gmünd, initiiert von der Kulturinitiative Gmünd.
Oder die Kulturwerkstatt Holzbau Gasser unter der Leitung von Ingrid Gasser, die eine Brücke schlägt zwischen Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft und der interessierten und lokalen Bevölkerung den Skulpturenpark in Ludmannsdorf öffentlich zugänglich macht.
Respekt der freien Kulturarbeit!
(Artikel: Nora Leitgeb )