Ins Schwarze GETROFFEN?
BAUKULTUR IMSÜDEN.AT
WER IST DAS? Er ist eine eigenwillige, übersensible aber gewitzte Spezies aus der Familie der intellektuellen Existentialisten. Er zeichnet sich durch seine schwarz-graue (aber keine mausgraue!) Garderobe aus.
Der Bestand bewegt sich wahrscheinlich im zweistelligen Millionenbreich wobei sich über das Verbreitungsgebiet hinweg auch innerhalb der Untergruppen gewisse Variationen ergeben. Das Individium grenzt sich durch exakt drapierte Akzente, wie etwa eine runde Brille, einen Rollkragenpullover, eine Zigarre, eine kreative Haarpracht, ein individualistisches Automobil (Saab oder Citröen), einen weißen Schal, bunte Taschen oder Schuhen usw. ab.
Klischee – oder unverkennbares Marketing?
Sie sind schon sehr eigenwillige, übersensible Vögel, wie Dohlen, die zu einer ruffreudigen Gruppe gehören und wahrscheinlich bedingt durch den hohen Grad an Sozialität, ein sehr breites Repertoire an Ausdrucksformen und Fremdwörtern besitzen. Er gilt im Grunde als ungefährdetes, leicht erkennbares Herdentier, das es versteht mit seiner Kleidungsfarbe flächendeckendes Marketing zu betreiben. Habt ihr schon erraten um wen es geht?
Der Architekt. Warum trägt er schwarz?
Tragen eigentlich alle Architekten schwarz? – wenn ich mich jetzt nur mal im Süden umsehe – dann stimmt dieses Klischee überhaupt nicht. Schick ist was gefällt, so kommt schon mal ein Architekt mit wild-gemustertem Norweger-Pulli oder gelber Hose zum Vortrag und niemand zweifelt an seiner Kompetenz oder daran, dass er ein guter Architekt ist. Wichtig ist doch wie man seine Arbeit macht und wie man zur Architektur steht.
Kann überhaupt eine Farbe den Kenntnisstand oder Rang einer Person ausdrücken – wie in Kampfsportarten bei Judo oder Karate?
Der Jäger trägt Grün – ein kompetenter Architekt trägt Schwarz und wenn nicht, dann ist das auch egal. Vielleicht sind ArchitektInnen ja besonders schlau, denn sie entziehen sich dem Dilemma der Entscheidung „was trage ich heute?“ Schwarz ist für jeden Anlass geeignet, nicht ohne Aussage, praktisch um überflüssige Körperfülle zu verstecken (denn Schwarz macht schließlich schlank!) und weniger ist schließlich mehr!?
Cordula Rau hat zahlreiche Theorien, Thesen und Vermutungen von Architekten zu diesem Thema in einem kleinen amüsanten Büchlein eingefangen und sie – Schwarz auf Weiss – gesammelt:
Why do architects wear black? Herausgeben von Cordula Rau, Springer Verlag Wien New York 2008, 228 Seiten, www.springer.com oder bei heyn bestellen.
Text: Raffaela Lackner
Raffaela Lackner (*1985)
Geboren 1985 in St. Michael/Lungau I 1999 – 2004 CHS-Villach für Mode und Bekleidungstechnik I 2004–2009 Studium an der FH Kärnten in Spittal/Drau Studiengang Architektur und Objektentwicklung I 2006 Praxissemester in Frankfurt am Main bei Proleisure Projektentwicklung und Architekt Peter Rajczak I 2008-2009 SCHAP! School and Production – Studentenprojekt der FH Kärnten für das Ithuba Skills College in Johannesburg/Südafrika – www.schap.net I 2009 Diplom I 2010 – 2012 freie Mitarbeit im Architekturbüro Eva Rubin, Klagenfurt I seit 2010 journalistische Beiträge über Kärntner Architektur und Baukultur (Architektur Aktuell, Die Brücke, Architektur und Bauforum) I 2010 freie Mitarbeit zu den Architekturtagen 2010 I 2011 freie Mitarbeit an der FH Kärnten (Filme, Artikel, Texte) I seit 2011 Geschäftsführung sowie organisatorische und künstlerische Leitung des Architektur Hauses Kärnten | seit 2013 Mitglied im ARCHITEKTUR_SPIEL_RAUM_KÄRNTEN