Kleine Zeitung: "Da wird nur Geld in Betongold gebunkert"
(Artikel von Erwin Hirtenfelder)
Bei der Kulturpreisverleihung hat Landeshauptmann Peter Kaiser eine Fortführung des laufenden Baukulturjahres angekündigt. Was ist 2022 konkret geplant?
RAFFAELA LACKNER: Wegen des jüngsten Lockdowns haben wir zum Beispiel drei Veranstaltungen aufs nächste Jahr verschieben müssen. Das Land Kärnten will diesen Schwerpunkt aber auch weiterhin setzen. Kärnten ist da ja in gewisser Weise ein Vorreiter. Wir haben als erstes Bundesland baukulturelle Leitlinien beschlossen, die wir jetzt auch schon umsetzen.
Trotzdem wird es vermutlich noch lange dauern, bis dies auch in den Kärntner Städten und in der Landschaft sichtbar wird?
Das mit der Landschaft wird sicher noch dauern, weil man bei der Bewusstseinsbildung ganz am Boden anfangen muss. Wir haben mit der Gemeindeabteilung schon drei Crashkurse für Gemeindemandatare und Bürgermeister angeboten, um die Sensibilität für Baukultur zu schärfen. Es geht da um Themen wie Seenverbauung, Architekturwettbewerbe oder Schulbauten. In diesen halben Tagen wird anhand von BestPractice-Beispielen vermittelt, was gute Baukultur ist...
... damit künftig nicht jedes Feuerwehrhaus gleich fantasielos und knallrot aussehen muss?
Da gibt es sogar ein sehr gutes aktuelles Beispiel: das Feuerwehrhaus am Hühnersberg von Hohengasser/Wirnsberger Architekten. Es besteht komplett aus Holz und kommt ohne Turm aus, weil der Schlauch ins Gebäude integriert wurde. Das ist so ein Beispiel, wo die Gemeindeabteilung der Gemeinde unterstützend zur Seite stand. Ich bin ja selber immer wieder frustriert, wenn nach einer Veranstaltung alle mit besten Vorsätzen nach Hause gehen und am nächsten Tag schlägt man die Zeitung auf und liest, dass schon wieder irgendwo 6000 Quadratmeter für ein Industriegebiet gewidmet wurden.
Ist der Verbrauch von Boden und Landschaft das derzeit drängendste Problem in Kärnten?
Es sagt zwar jeder, dass er gegen die Bodenversiegelung und Zersiedelung ist, aber die Gemeinden machen es trotzdem. Viele Gemeinden planen einfach am Bedarf vorbei, wissen gar nicht, wie viel an Leerstand sie haben. Einkaufszentren und Supermarktketten bekommen immer wieder eine Widmung außerhalb der Ortschaften und die Ortszentren sind dann irgendwann tot. Die größte Wunde sind aber diese Chalet-Verbauungen. Das ist echt grotesk, denn einerseits kommt man nach Kärnten, um unberührte Natur zu erleben, und dann baut man 70 Häuser in die Berge, die das alles zerstören. Man verkauft unsere Landschaft und es profitiert nur der Investor. Und was gebaut wird, ist qualitativ auch nicht sehr hochwertig. Viele schauen sich die Wohnungen nicht einmal an, die sie kaufen. Da wird nur Geld in Betongold gebunkert.
Bei der jüngsten Kulturpreisverleihung wurde der Architekturbeirat Velden mit einem Würdigungspreis geehrt. Gibt es solche Beiräte auch in anderen Kärntner Gemeinden?
Er ist leider ein Einzelfall und das ist traurig. Es wäre wünschenswert, wenn es mehr solcher Gestaltungsbeiräte gäbe. Die Politik braucht vor den Ratschlägen der Experten sicher keine Angst zu haben, denn sie beraten extern und unabhängig.
Was waren für Sie die Höhepunkte des Baukulturjahres 2021?
Unsere größte Veranstaltung war das österreichische Baukulturkonvent mit Kunststaatssekretärin Andrea Mayer. Toll war auch die Kooperation mit vielen Initiativen und anderen Kultursparten, etwa mit dem Tanzraum von Andrea K. Schlehwein. Auch ein eigenes Baukulturspiel unter dem Titel „Kein schöner Land“ ist entstanden. Persönlich gefreut hat mich natürlich auch das Ehrenzeichen des Landes, das ich für meine zehnjährige Tätigkeit im Architekturhaus erhalten habe.
Stimmt es, dass dieses nun für einige Monate geschlossen wird?
Ja, wir feiern nächstes Jahr 30 Jahre Napoleonstadel und haben bereits vor einigen Jahren einen Wettbewerb zur barrierefreien Adaptierung des Hauses gemacht. Dieser kommt jetzt zur Umsetzung. Wir werden über alle drei Geschoße einen Lift einbauen, bekommen ein neues barrierefreies Portal und werden einen Durchbruch vom Ausstellungsraum in den Park machen. Der Umbau dauert von Jänner bis Mai und wird rund 550.000 Euro kosten. Die Finanzierung übernehmen die Stadt Klagenfurt und der Bund.
Das kommende Kärntner Kulturjahr wird auch im Zeichen von Günther Domenig stehen, dessen Todestag sich zum zehnten Mal jährt. Wie und wo wird man den großen Architekten feiern?
Das Domenig-Jahr wird an vier Orten stattfinden: im Museum Moderner Kunst, im Napoleonstadel, wo von Juni bis Oktober eine Ausstellung über ihn zu sehen ist, sowie in Domenigs Steinhaus am Ossiacher See und in der Heft.
Gibt es für das Hüttenberger Ausstellungsgebäude besondere Pläne?
Wir werden versuchen, es wachzuküssen und verschiedene Projekte ausprobieren. Wir werden auch Universitäten einladen, sich mit dem Ort und dessen Zukunft zu befassen. Den Abschluss des Jahres widmen wir im Napoleonstadel dem Thema Bodenversiegelung, mit der bekannten Ausstellung vom Architektur Zentrum Wien „Boden für alle“.