Kleine Zeitung: "Das ist ein Faustschlag ins Gesicht"
"Das ist ein Faustschlag ins Gesicht"
INTERVIEW: Raffaela Lackner, die Leiterin des Architekturhauses Kärnten, findet klare Worte gegen das geplante Badehaus am Ossiacher See.
Artikel von Eva-Maria Scharf
Sie sprechen sich als Leiterin des Architekturhauses Kärnten gegen das geplante Badehaus am Ossiacher See aus. Warum?
RAFFAELA LACKNER: Was hier geplant ist, ist genau das, wogegen sich die gesamte Landesregierung 2018 ausgesprochen hat. Damals hat Kärnten als erstes Bundesland baukulturelle Leitlinien beschlossen, die vorsehen, wie wir mit Grund und Boden umgehen wollen. Dass wir sanft verbauen, Innenstädte verdichten, die wenigen noch frei zugänglichen Seeuferflächen schützen. Es hat ein Seenvolksbegehren gegeben, wir haben im Auftrag des Landes Seenkonferenzen abgehalten, in denen es genau darum ging, solche Grundstücke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Was SPÖ und ÖVP jetzt planen, ist ein Faustschlag ins Gesicht.
Das dürften Landtagsabgeordneter Herwig Seiser (SPÖ) und Landesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) anders sehen. Sie streiten sogar darum, wessen Idee das Badehaus ist.
Mir ist der Gewinn für Kärnten schleierhaft. Dieser freie Grund gehört derzeit dem Land und der Gemeinde. Er ist öffentlicher Besitz und jetzt wollen sie ihn fremdvergeben, damit jemand etwas darauf baut. Es gibt noch keine konkrete Planung, aber wenn wir weiterdenken, wird dort vermutlich ein Badehaus mit vielen Parkplätzen und einem privaten Seezugang entstehen. Einheimische kommen nicht mehr einfach so zum See und Touristen auch nicht. Parallel dazu bewirbt die SPÖ freie Seezugänge, die ein paar Meter am Ufer ausmachen. Das sind Wassertropfen im Vergleich zu dem, was nun verbaut werden soll.
Die Politiker würden vermutlich kontern: Auch das Badehaus soll für jeden sein und es schafft Arbeitsplätze.
Haben wir Bedarf dafür? Diese Frage sollte immer mitbedacht werden. Viele Betriebe haben schon jetzt zu wenig Mitarbeiter und die Politik will einen neuen Betrieb hinbauen? In Wahlprogrammen sind alle gegen Versiegelung, in der Praxis hält sich kaum einer daran. Das ist sehr frustrierend.
Sie sprechen Politikern das Bewusstsein ab. Warum ist es so schwer, dieses zu schärfen?
Das frage ich mich jeden Tag. Es gibt so viele Veranstaltungen zur Bewusstseinsbildung, aber im Wahlkampf ist vieles möglich. Das Badehaus ist kein Einzelfall. Kärnten ist voller Projekte, die nicht durchdacht sind. Wenn wir uns die aktuelle Flughafendiskussion ansehen, drängt sich die Forderung nach einer Widmungsabgabe auf. Der Gewinner ist der Investor, ein Anteil des Widmungsgewinns könnte der Öffentlichkeit zurückgegeben werden, wie es in der Schweiz vielfach umgesetzt wird. All das passiert nicht, aber die Bevölkerung wird zumindest aufmerksamer.