Kleine Zeitung: "Ein Haus als Zeitzeuge"
Ein Haus als Zeitzeuge
Architektin Li Baudisch plante in den 1950ern für die Familie Koschat in Klagenfurt einen Bungalow. Die Erben haben ihn nun saniert.
Artikel von Harald Schwinger
Unter dem Motto „Frauen bauen“ zeigt das Architekturhaus Kärnten derzeit eine Ausstellung mit dem Fokus auf Kärntner Architektinnen. Eine davon ist Elisabeth „Li“ Baudisch, die von 1948 bis 1951 ein Architekturstudium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien absolvierte – als einzige Frau unter 40 Männern. Interessant dabei ist auch, dass sie bei Wettbewerben erst dann erfolgreich wurde, als sie ihren Vornamen auf „Li“ reduzierte und damit nicht mehr eindeutig als Frau zu identifizieren war. Baudisch, die vor zwei Jahren starb, war eine maßgebliche Kraft für die Etablierung der modernen Architektur in Kärnten und gilt als Pionierin der österreichischen Nachkriegsmoderne.
Im Klagenfurter Stadtteil Annabichl hat die „Grande Dame“ der Kärntner Architektur vor 65 Jahren – damals als noch sehr junge Architektin – für das Lehrerehepaar Herta und Herbert Koschat einen modernen Bungalow mit 90 Quadratmetern Wohnfläche entworfen, der bis heute nichts an Reiz verloren hat. „Meine Eltern hatten als Lehrer kein allzu üppiges finanzielles Polster“, erinnert sich Martin Koschat (68). „Sie waren Baudisch ewig dankbar, dass sie ihnen geholfen hat, sich den Traum eines Eigenheims zu erfüllen. Sie hat ein Haus mit moderner Anmutung entworfen, das den Ansprüchen der Eltern gerecht wurde.“
Eine der architektonischen Besonderheiten des Bungalows ist ein „Turmanbau“, der ein kleines Turmzimmer im ersten Stock beherbergt. Den Grund für diese ungewöhnliche Idee erklärt Koschat beim Rundgang. „Mein Vater spielte damals mit dem Gedanken, den Lehrerberuf aufzugeben und stattdessen Grafiker zu werden. Deshalb hat ihm die Architektin ein Studio im Turm eingerichtet.“ Dazu sei es aber nicht gekommen und das dadurch frei gewordenen Studio wurde zu einem Kinderzimmer umgestaltet. „Das war für mich natürlich das Größte.“
Dass der Bungalow nach all den Jahrzehnten in die Jahre gekommen war, versteht sich von selbst. Als Martin und seine Frau Anita ihn übernommen haben, stand die Frage im Raum: Was tun wir damit? Kurz gab es die Überlegung, das Haus zu veräußern, da Martin Koschat nach wie vor als Gastprofessor an der Uni Wien tätig ist. Ein Gedanke, der aber schnell wieder verworfen wurde. Stattdessen hat man sich für eine Generalsanierung entschieden. Mit dem Ziel, den Charakter des Hauses dabei nicht zu verändern. „Für mich ist dieser Bungalow wie ein Zeitzeuge“, erklärt Koschat. „Hätten wir ihn verkauft, wäre er bestimmt abgetragen worden, weil er den heutigen Ansprüchen ans Wohnen wohl nicht mehr entspricht. Das wollte ich nicht.“
Vor zwei Jahren wurde also das Projekt der Kernsanierung in Angriff genommen. Dafür hat man sich Angelika Zaminer von AZ Projektmanagement in Klagenfurt an Bord geholt, die sowohl die Planung als auch die Organisation und die Aufsicht der Sanierung übernommen hat. „Die Arbeiten wurden ausschließlich von führenden Kärntner Handwerksunternehmen durchgeführt und waren innerhalb eines Jahres abgeschlossen“, erzählt Koschat.
Unter anderem wurde die Außenfassade neu gestaltet und die schweren und dunklen Einbaumöbel, die für die damalige Zeit Standard waren, wurden entfernt, um den – ohnehin kleinen Räumlichkeiten – mehr Leichtigkeit zu verleihen. Nur eine Sitzecke wurde belassen, weil sie von hoher handwerklicher Fertigkeit zeugt. „Die herauszureißen, das haben wir nicht übers Herz gebracht“, sagt Koschat. Dafür wurden die „Glasfasertapeten“ aus den 70er-Jahren durch eine helle Wandfarbe ersetzt.
Im Schlaftrakt, der ursprünglich aus drei kleinen Zimmern bestand, wurden die Zwischenwände abgetragen und entstanden ist sowohl ein Badezimmer als auch ein geräumiges Schlafzimmer, von dem man direkt auf die Terrasse und den angrenzenden Grünbereich – das Grundstück hat rund 1000 Quadratmeter – gelangt. Was auch gleich einer der Vorzüge des Bungalows an sich ist. Alle Räumlichkeiten, bis auf das Turmzimmer, sind ebenerdig zugänglich und daher barrierefrei. „Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, spielt das keine unwichtige Rolle“, sagt Koschat. Im Eingangsbereich findet man auch noch ein kleines künstlerisches Kleinod, nämlich ein längliches Mosaikglasfenster von Giselbert Hoke († 2015), der ein Freund der Familie war.
Meine Eltern hatten als Lehrer kein allzu üppiges finanzielles Polster zur Verfügung. Sie waren Baudisch ewig dankbar, dass sie ihnen geholfen hat, sich den Traum eines Eigenheims zu erfüllen. (Martin Koschat, Hausherr)
Zur Architektin
Elisabeth „Li“ Baudisch (1929 bis 2022). In Innsbruck geboren, übersiedelte sie 1955 nach Kärnten. Sie war Architektin, Fotografin und Pädagogin.Tipp: Stadt der Frauen: Stadtspaziergang Klagenfurt; am 5. Juni,17 Uhr. Anmeldung unter Tel. 0681 819 26 317.