Kleine Zeitung_08.05.2009
Baukunst zum Einstecken
ÜBER DIE KARTE:
Die Wörthersee-Architektur-Landkarte ist ab sofort in Gemeindeämter, Hotels sowie in Partnerbetrieben der Wörthersee-Tourismusgesellschaft gratis erhältlich. Sie umfasst 54 Bauwerke, die in vier Sprachen kurz erklärt werden. Erstauflage: 30.000 Stück.
"Wenn der Maßstab nicht stört, ist schon viel gewonnen", nennt Dietmar Müller, Leiter des Klagenfurter Napoleonstadel, eines der vorrangigen Merkmale von guter Architektur. An den Ufern des Wörthersees ist in den vergangenen Jahren gerade diese Selbstbeschränkung - siehe Apartmenttürme in Maiernigg & Co. - sträflich vernachlässigt worden, weshalb der Begriff "Wörtherseearchitektur" heute einen eher schalen Beigeschmack besitzt.
Um wieder das Positive in den Vordergrund zu rücken, hat Kärntens Haus der Architektur eine Faltkarte herausgebracht, die 54 historische und moderne Bauten in Wort und Bild vor Augen führt. "Wir möchten zeigen, welche Kleinode es am Wörthersee gibt und gleichzeitig künftige Bauherren Mut machen, auf Qualität zu setzen und nicht auf Gigantomanie", nennt Müller das Hauptanliegen hinter der Karte, die ihn schon "seit Jahren im Kopf herum geschwirrt" sei.
Unterstütz wurde er dabei von den beiden Architekten Heimo Kramer und Bernd Mack, die sowohl die Auswahl der Objekte als auch die konzeptuelle Umsetzung mitbestimmten. "Mir war wichtig, dass die Karte leicht lesbar ist und die Grundinformation auf den ersten Blick erfassbar ist", weist Mack auf deren Handlichkeit hin. Schließlich soll das in einer Auflage von 30.000 Stück gedruckte Gratisprodukt vor allem den "Durchschnittsbürger" erreichen, wobei für Touristen eigene Übersetzungen in Italienisch, Slowenisch und Englisch beigefügt wurden.
Unter den historischen Bauten finden sich auf der Karte vor allem Villen, Hotels und Badehäuser aus der Zeit zwischen 1864 und 1938, aber auch vereinzelte Industriebauten wie das von Franz Baumgartner entworfene Forstsee-Kraftwerk, wo die von der EU geförderte Publikation gestern präsentiert wurde.
Heimo Kramer würdigt vor allem die "harmonische Integration" der alten Bauten in ihrer Umgebung, schätzt aber auch deren Detailgestaltung: "Die Fassaden leben von der Auflösung manchmal größerer Baumassen in kleinteiligen Strukturen mit Erkern, Giebeln, Terrassen, Loggien- mit ihrer oft romantischen Verspieltheit."
"Weniger einfach" war laut Müller die Auswahl der modernen Bauten, unter denen sich der unmaßstäbliche "Zuckerwürfel" des Parkhotel Pörtschach ebenso befindet wie der noch zu bauende Holzturm am Pyramidenkogel. Anregungen, wie man es in Zukunft besser machen könnte, geben die abgebildeten Projekte allemal, insbesondere die luftig eleganten Seehäuser in transparenter Glas- / Holzarchitektur.
Dass Tradition und Moderne gut neben einander bestehen können, zeigen nicht zuletzt die Vereinshäuser der beiden konkurrierenden Rudervereine Nautilus und Albatros am Klagenfurter Friedelstrand. Während das eine mit gut proportionierten Formen im Stil der klassischen Moderne überzeugt, beeindruckt das andere, übrigens ebenfalls geplant vom Wiener Franz Baumgartner, mit fast englischer Noblesse. (Text: Erwin Hinterfelder)