Kleine Zeitung_08.12.2011_Halle mit Bad
„Im Moment sitzt man auf der Ostbucht – dem Heiligtum der Klagenfurter. Dort wird es schon heiß, was für ein Thermalbad spricht.“
Spielregel: Durch Klagenfurt laufen und versuchen, sich auf ein freies Grundstück zu setzen, sobald das öffentliche Geschrei aufhört. Ist amüsant, führt aber nicht zu einem funktionierenden Hallenbad, das eine Landeshauptstadt verdient, falls diese überhaupt diesen Titel verdient. Außerdem wird jedes Spiel irgendwann einmal langweilig, wenn es zu Tode gespielt wird – besonders für das alte Hallenbad, das sich inzwischen quasi zu Tode gelangweilt hat.
Im Moment sitzt man auf der Ostbucht – dem Heiligtum der Klagenfurter. Zwar wird es dort schon ziemlich heiß, was für eine Nutzung als Thermalbad sprechen würde, jedoch fehlt das entscheidende Quäntchen Mut, um sich auch wirklich richtig hinzusetzen. So hockt man hier auf dem Campingplatzgelände, verschämt in der dritten Reihe zum See, den man von hier aus nur mit einem Riesenwinkelteleskop übers bestehende Strandbad erspähen kann – halb am Sprung zum nächsten freien Platz im Spiel. Da fragt man sich, warum man überhaupt hierher wollte, wo man den See an weniger kritischen Standorten auch nicht sehen kann. Mit ein bisschen mehr Chuzpe und geöffneten Scheuklappen bemerkt man, dass es in der Klagenfurter Ostbucht schon ein Bad gibt, ein schönes sogar, mit dem man sich verbünden könnte, mit dem man eins werden könnte – als Ganzjahresbad sozusagen, statt im Winter sechs Monate auf ein verbarrikadiertes Sommerbad zu blicken und umgekehrt. Dazu müsste allerdings das Heiligtum neu gedacht werden: vom sommerlichen Strandbad zum ganzjährigen Wörtherseebad, mit ebensolchem Anspruch an Baukultur (eines der schönsten und größten Seebäder Europas!) und Selbstverständnis für angemessene Qualität, Funktionalität und Synergie. So könnte die denkmalgeschützte Eingangshalle beiden Bädern reichen, ebenso ein einziges Restaurant für Sommer und Winter oder auch die Garderoben für Halle und Strand. Natürlich gäbe es – weil ganzjährig – keine unnötigen Kosten für Einwintern oder Aussommern. Die gesamte Besatzung müsste nicht halbjährlich zum Arbeitsamt und alle wären rundherum glücklich – wenn es nicht Klagenfurter wären. Der Phantomschmerz aufgrund der Amputation einiger Quadratmeter des Strandbades südlich des Haupteinganges ist groß und außerdem müsste das Sträßlein nach Loretto leicht gen Osten in das zumindest selige Campingplatzgelände weichen. Zudem ändert sich der Anblick des Heiligtums vom Europapark aus gesehen und das käme einer Lästerung gleich. Gemessen an der architektonischen Qualität der bestehenden südlichen Anbauten ist allerdings eine Verschlechterung nur schwer vorstellbar, selbst nach Klagenfurter Maßstäben.
Fazit: Wenn der Salto mit dem Bad in der Ostbucht gelingen sollte, dann nur, wenn man hoch springt und sich ganz dreht, sonst landet man nämlich auf dem Rücken, und zwar auf dem Asphalt – nicht im Wasser. Und bevor das passiert, spielen wir das Spiel lieber weiter . . .
(Text: Roland Winkler - Architekt in Klagenfurt - hat diesen Beitrag für das Architektur Haus Kärnten geschrieben.)