Kleine Zeitung_17.01.2014_Zu viel Platz für zu wenige Kärntner
Land zeigt Zersiedelung die rote Karte
In Kärnten gibt es viel zu viele Baulandflächen - und teure Zersiedelung. Die Politik will jetzt die Ortszentren forcieren und denkt an Rückwidmungen.
Rückwidmungen werden überlegt. Der Überhang an gewidmetem Bauland in Kärnten ist so groß, daß hier 1,2 Millionen Menschen siedeln könnten.
Ein Flug über Kärnten zeigt es - und man muss kein Experte sein, um zu erkennen: Im Land gibt es viel Zersiedelung. Also Häuser, Höfe, Weiler, die weit voneinander und von Ortszentren entfernt liegen, aber mit Wegen, Straßen, Wasser-, Kanalnetz verbunden und mit Müllabfuhr, Schneeräumung oder Schulbus versorgt sind. Dem lange praktizierten Trend zum Wohnen im Grünen, während die Ortszentren "ausbluteten", will die Landespolitik einen Riegel vorschieben. Auch wegen der hohen (Infrastruktur-)Kosten, die die Zersiedelung für Bewohner, Gemeinden und Land bringt.
Jetzt wird an einer neuen Raumordnung für Kärnten gearbeitet. Denn das Gesetz stammt aus den 90er-Jahren. Gemeinderäte und Bürgermeister werden von Beginn an mit einbezogen. Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig als Wohnbaureferentin sowie Landesrat Rolf Holub, zuständig für Raumordnung, kündigten gestern Informationsveranstaltungen an.
Platz sparen
Die neuen Ansätze: Zersiedelung stoppen und bestehende Ortszentren (wieder-)beleben; durch Sanierung alter Bauten oder Abriss und Neubau von Geschäften und Wohnungen an alten Plätzen. Das Land will Projekte innerhalb des Gemeindesiedlungsgebietes künftig mit Wohnbauförderung forcieren. In Völkermarkt und Wolfsberg gebe es bereits konkrete Projekte. Ein Beispiel für die platzsparende Neuausrichtung: Laut Richtlinie wird nun pro Wohnung nur noch ein Parkplatz gewidmet. Bisher waren es eineinhalb.
Die Landespolitik greift mit der angepeilten neuen Raumordnung trotz der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2015 eine heiße Kartoffel auf, denn es geht auch um Rückwidmungen. In Kärnten gibt es laut Holub 30 Prozent in Bauland gewidmete Flächen, die noch nicht verbaut sind. "Wir bräuchten 70 Jahre lang keine Umwidmungen", zeigt Schaunig die Dimension drastisch auf. "Auf den gewidmeten Flächen könnten sich 1,2 Millionen Kärntner niederlassen", legt Holub rein rechnerisch für ein Land nach, das von Abwanderung und Bevölkerungsschwund betroffen ist. Weil es bei den Rückwidmungen um Wertverlust und damit um viel Geld geht, holt sich die Landespolitik bei ihren Infoveranstaltungen Unterstützung von Praktikern. So referiert zum Auftakt am 22. Jänner der Vorarlberger Altbürgermeister Josef Mathis über Rückwidmungen in seiner Gemeinde. (Klagenfurt, Architektur Haus Kärnten, St. Veiter Ring 10, 10 bis 13 Uhr). Holub: "Wir können uns nicht mehr alles leisten und müssen daher festlegen, was wir uns künftig noch leisten wollen."
(Text: Andrea Bergmann)
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