Kleine Zeitung_2016.01.10_Ideenschmiede gegen leer stehende Häuser
10.01.2016
weiterlesen …Privatinitiative, Kulturprojekte und Begleitung durch Raumplaner: So kann Ortskernbelebung gelingen.
Traurig, aber Tatsache: „Wegen miesem Geschäftsgang geschlossen!" Es muss ja nicht gleich so verbittert formuliert werden, doch die Entvölkerung der Ortszentren ist offensichtlich: Mit dem Foto eines handgeschriebenen Zettels auf einem verklebten Geschäftsportal stellte Roland Gruber vom Architekturbüro „nonconform" den Besuchern der Tagung „Zentren stärken - Leerstand beseitigen" im Architekturhaus in Klagenfurt die Rute ins Fenster.
Ortskernbelebung
Der Wildwuchs von Diskontern an den Ortsrändern, leer stehende Geschäfte im Ortskern, Dorfplätze, die zu Parkplatzwüsten werden, Cafés und Gasthäuser, die mangels Besucherfrequenz längst geschlossen sind — wer kennt sie nicht, die Auswüchse der Zersiedelung? Verdichtung vor Widmungen auf der grünen Wiese, Sanierung vor Neubau lautet die Devise. Schließlich betragen die Erschließungskosten von einem Hektar Bauland rund 240.00 Euro (laut Erich Dallhammer vom Österreichischen Institut für Raumplanung)! „Diese Zahlen müssten allen längst schon unter den Nägeln brennen!", betont Raffaela Lackner vom Architekturhaus Kärnten die Dringlichkeit zu gestalten, statt bloß zu verwalten. Gemeinsam mit der Architektenschaft und der Plattform Baukultur setzt die Kärntner Politik inzwischen auf Bewusstseinsbildung und forciert seit rund einem Jahr mit der „Förderinitiative Ortskernbelebung" die Entwicklung neuer Projekte und die sinnvolle Nutzung leer stehender Gebäuden in Ortszentren (siehe Interview rechts).
Quasi im Blindflug
Allerdings muss die Landespolitik dabei quasi im Blindflug unterwegs sein, gibt es doch in Kärnten - anders als etwa im Land Salzburg und der Stadt Wien - keine systematische Erfassung leer stehender Gebäude (SOD genannte „Leerstands-Melder" via Internet). Viele Gemeinden wissen oft selbst nicht, was wo wie lange leer steht. Ein weiteres Problem bringt Gemeinde- und Wohnbaureferentin Gaby Schaunig auf den Punkt: „Der Großteil der leer stehenden Objekte ist nicht in kommunaler, sondern in privater Hand." Ohne privates Engagement geht es sowieso nicht. Beispiele zeigen: Nur was unter der Einbindung der Bevölkerung entsteht, hat die Chancen auf eine dauerhafte Verbesserung der Lebensqualität in den Ortschaften. „Ortskernentwicklung heißt: zehn Jahre Geduld haben", mahnt der Architekt und Raumplanungs-Spezialist Roland Gruber. „Zeit geben, Raum geben, zuhören, ein Wir-Gefühl erzeugen, auf Stammtischatmosphäre setzen" — Gruber hat viele Tipps und ein spezielles Erfolgsrezept: Die Einbindung von Universitäten und kreativen Gestaltern ist für „die Beantwortung von Zukunftsfragen des ländlichen Raumes" unumgänglich. Doch der Trend zur Re-Urbanisierung sei deutlich zu spüren -indem nämlich immer öfter das Leben bunt und fröhlich in die Zentren zurückkehrt.
(Artikel: KARIN WALDNER-PETUTSCHNIG)