Kleine Zeitung_30.01.2014_Blick über Tellerrand soll Gemeinden enkelfit machen
Sparen, gute Ideen und Kooperationen in die Tat umsetzen: So sollen die Gemeinden trotz Strukturproblemen Zukunft haben.
Ein Land, in das andere von weit her anreisen, um ihren Urlaub zu genießen; in dem viele die hohe Umweltqualität, die Nähe zu Slowenien, Friaul, zum Meer schätzen. Dennoch: Leicht haben es die 132 Kärntner Gemeinden nicht. Im ländlichen Raum gibt es Abwanderung - weg aus Kärnten oder in die Zentralräume - mit Folgen wie: Der Kanal in der Gemeinde X wurde ursprünglich für 3000 Einwohner gebaut, muss künftig aber von 2000 Bewohnern erhalten und bezahlt werden. Und generell: Der Anteil der älteren Bewohner wird immer größer, während immer weniger Junge nachrücken. Bis 2050 gibt es im Lande um 19 Prozent weniger Kinder, 17 Prozent weniger Erwerbstätige - aber um 70 Prozent mehr Über-65-Jährige, während die Lebenserwartung steigt - und mit all- dem die Sozialkosten.
Pläne für teure, prestigeträchtige Großprojekte in den Gemeinden gibt es nur noch in Ausnahmefällen. Wollte früher einmal jede Gemeinde ihr Schwimmbad, so ist jetzt Sparen angesagt. Geht's um Landesförderungen, so wird jedes Projekt auf seine Nachhaltigkeit hin überprüft: "Bringt bzw. sichert es Arbeitsplätze, welche Dauerkosten verursacht es?", zeigt Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ) in ihrer Funktion als Gemeindereferentin auf. Erhalten und Attraktivieren was da ist, lautet vielfach die Vorgabe, bedingt durch die finanzielle Situation.
Seit etlichen Jahren sind Kärntens Gemeinden von Landesseite angehalten, ihre Strukturen zu durchleuchten und zu optimieren. Auf dieser Basis gibt es dann Bedarfszuweisungen vom Land; Kein Pardon also für aufgeblähte Apparate. Bonuszahlungen und damit Geld für Investitionen und Projekte kriegt, wer seine Verwaltungskosten niedrig hält. Gemeindeübergreifende Kooperationen lautet seit einigen Jahren das Motto. Nicht jede Kommune braucht ihren eigenen Lohnverrechner, einen eigenen Bauhof.
2015 werden in Kärntens Gemeinden die Bürgermeister und Gemeinderäte neu gewählt. Der Wahlkampf wird wohl schon im Herbst dieses Jahres starten. Welches Wahlkampfzuckerl sich die Kommunen von Gemeindereferentin Schaunig erwarten dürfen? "Gute Arbeit für die Gemeinden über die gesamte Legislaturperiode", lautet die Antwort.
Die Ausgangslage: Ab- und Zuwanderung
132 Gemeinden inklusive der Statutarstädte Klagenfurt und Villach zählt Kärnten. Gemeindezusammenlegungen - wie jetzt in der Steiermark praktiziert - hat es in Kärnten bereits 1973 gegeben. Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ) schließt solche für Kärnten für die Zukunft aus - außer Gemeinden wollen das von sich aus. Vielmehr soll es Verwaltungskooperationen (eine Lohnverrechnungsstelle für mehrere Gemeinden) und damit Kostenersparnis geben. Mit dem Problem des Geburtenminus und der Absiedlung sind vor allem strukturschwache Randgebiete konfrontiert. In Mallnitz, Hüttenberg oder Metnitz mit zweistelligem Bevölkerungsminus müssen immer weniger Bewohner die Kosten für die gleichbleibende Infrastruktur berappen. Die Städte und deren Speckgürtel hingegen wachsen und müssen neue Strukturen finanzieren. Kostendruck also für beide Seiten.
Der Weg: Ortskern stärken
In Kärnten wird ein landesinterner Finanzausgleich angepeilt, "als Versuch, Abwanderung zu bremsen", betont Schaunig. Wird der Interessensausgleich nicht geschafft, steige der Kostendruck auf den ländlichen (= Abwanderung) wie städtischen Raum (= mehr Bewohner). Notwendig werden wieder Ortsentwicklungskonzepte: Also das Nachdenken mit der Bevölkerung, wie die Gemeinde in 20, 30 Jahren ausschauen soll, damit das Leben zumindest im Ortskern erstrebenswert ist.
Die Politik der nächsten Jahre ist darauf ausgerichtet, die Ortszentren zu stärken und künftig Zersiedlung samt hoher Folgekosten zu vermeiden. Über die Wohnbauförderung des Landes 2014/2015 werden Projekte bevorzugt, die Ortskerne stärken bzw. wo alte Gemäuer revitalisiert werden. Über den Regionalfonds des Landes kriegen Gemeinden Mittel, um sich Flächen im Ortskern zu sichern.
Die Ziele: Lebensraum schaffen
Die Lebensräume in den Gemeinden erhalten, Entwicklungsmöglichkeiten bieten, um Wohn- und Lebensraum zu schaffen, über gelebte Gemeindeautonomie finanziellen Spielraum geben. Das ist das Ziel von Schaunig als Gemeindereferentin. Künftig soll es noch mehr interkommunale Zusammenarbeit geben. Das Problem derzeit: Erbringt einer für den anderen eine Dienstleistung wie Schneeräumung, muss 20 Prozent Umsatzsteuer gezahlt werden. Das lässt viele erarbeitete und fertige Kooperationsmodelle auf Eis liegen. Kärnten will deshalb mit anderen Bundesländern im Finanzministerium Druck machen, damit es zur Gesetzesänderung für Leistungsaustausch kommt.
Ein großes Ziel, die Zahl der Abgangsgemeinden zu reduzieren, ist quasi erreicht: Heuer soll es nur noch sechs Kommunen geben, die es nicht schaffen, ohne Landesmittel ausgeglichen zu budgetieren.
(Text: Andrea Bergmann)