KONStruktiv 300_Technikkarrieren fördern
Technikkarrieren fördern
„Ein Sammelsurium von Initiativen"
Seit Jahren wird über den Mangel an Nachwuchs in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik geklagt - oftmals zusammengefasst mit der Abkürzung MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissen-schaften, Technik). Laut tönen die Rufe nach „mehr Ingenieuren" und das Fehlen von Facharbeiterinnen und Facharbeitern wird, insbesondere von der Wirtschaft, öffentlichkeitswirksam beschworen.
Betrachtet man den Bereich differenzierter, wird sichtbar, dass der Mangel, der im Übrigen nicht nur technische Berufe, sondern stark auch die Sektoren (Kranken)Pflege und Soziales betrifft, speziell bei Lehrberufen am stärksten ausgeprägt ist. In der Liste der aktuellen Mangelberufe, die jährlich vom Bundesministerium für Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft kundgemacht wird (Fachkräfteverordnung) - und zum Erwerb der Rot-Weiß-Rot-Karte berechtigt— sind elf der zwölf für 2015 angeführten Berufe aus dem Bereich der Technik: von Fräser/innen über Schwarzdecker/innen bis zu Techniker/innen mit höherer Ausbildung in den Fachgebieten Maschinenbau und Starkstromtechnik.
Im Bereich der technischen Studien ist das Bild uneinheitlicher. Auch hier kämpfen insbesondere Maschinenbau und Elektrotechnik mit einer zu geringen Zahl an Studierenden und Absolventen und Absolventinnen, bei vielen weiteren Fachrichtungen ist die Situation jedoch vielschichtiger — zahlreichen offenen Stellen steht oftmals eine Vielzahl an Jobsuchenden gegenüber. Häufig sind die Anforderungen der Firmen so spezifisch, dass nur eine kleine Personengruppe dafür infrage kommt. Und es lässt auch vermuten, dass der „Fachkräftemangel manchmal dramatisiert wird", wie es einige Experten und Expertinnen formulieren, damit sich die Unternehmen weniger Gedanken über die Attraktivität ihrer Arbeitsplätze machen müssen und aus einem großen Pool an Interessierten schöpfen können.
Unattraktive technische Berufe
Unzweifelhaft ist jedoch, dass die Attraktivität von technischen Berufen in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat. Während das Interesse an Architektur laufend steigt, geht die Zahl an Studieneintritten und insbesondere an Absolventen und Absolventinnen in den meisten technischen Fächern teilweise dramatisch zurück. Und insbesondere die Zahl an Frauen wächst — trotz intensiver Bemühungen über beinahe vier Jahrzehnte — nur äußerst gering.
Vielfältige Gründe werden für diese Situation in den zahlreichen Studien zum Thema genannt, wobei die Datenlage für Deutschland wesentlich umfassender ist als für Österreich: Generell lässt sich bereits in der Schule ein rückläufiges Interesse an technischen Fächern beobachten, weil diese zumeist in Didaktik und Methodik wenig mit der Lebensrealität von jungen Menschen gemeinsam haben. Zudem wird die Wahl oder Vertiefung technischer und naturwissenschaftlicher Fächer von den Bezugspersonen (Eltern, Freundeskreis) selten empfohlen.
Dabei zeigen Studien, dass insbesondere jene Menschen häufig technische Studien wählen, die in ihrem unmittelbaren Umfeld von entsprechenden „role-models" umgeben sind.
Das Bild des mit dem Sohn, sehr selten der Tochter, fantasievolle technische Anlagen bauenden Vaters entspricht jedoch kaum noch der heutigen Realität moderner Familien. Und jene, die nach Karriere und hohem Einkommen streben, wählen eher ein betriebs- oder sozialwissenschaftliches Studium -aus der Beobachtung, dass Führungskräfte zunehmend aus diesen Bereichen und immer weniger aus den technischen oder naturwissenschaftlichen Fächern stammen. Es sind also vielfältige Aspekte, die für eine Hebung der Akzeptanz sorgen könnten.
So zeigt sich, dass ein eigenes Fach „Technik", welches jedoch nur sehr vereinzelt an Schulen angeboten wird, wesentlich stärker angenommen wird als der klassische Fächerkanon mit Physik, Chemie und Mathematik.
Im Hinblick auf „Raum" ist insbesondere das am Wirtschaftskundlichen Gymnasium in Salzburg entwickelte Oberstufen-Wahlpflichtfach mit Matura-möglichkeit „DAT — Design Architektur Technik" bemerkenswert, welches naturwissenschaftlich-technische mit künstlerisch-angewandten Elementen kombiniert. Forschen und Experimentieren sind hier Unterrichtsprinzipien, ebenso wie die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen „Fachwelten". Diese Durchlässigkeit zwischen dem „Kosmos Schule" und externer Fachexpertise ist generell im österreichischen Schulsystem nur sehr gering und erschwert die Ausarbeitung von übergreifenden Strategien und Projekten. Hier setzt das von „ bink — Initiative Baukulturvermittlung für junge Menschen" entwickelte und von der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten geförderte Projekt „technik bewegt" an — bei dem Experten und Expertinnen unterschiedlicher technischer Disziplinen mit ihrer persönlichen Präsenz den Schulalltag bereichern. Diese Lebensnähe sowie die praxisnahe und problemorientierte Ausrichtung sind auch wesentliche Punkte, die viele Studierende in ihren technischen Studienfächern vermissen, wie zahlreiche Befragungen deutlich machen.
Barbara Feller ist Geschäftsführerin der Architekturstiftung Österreich, Obfrau von bink- Initiative Baukulturvermittlung für junge Menschen und betreut den Bereich Architektur bei Kultur-Kontakt Austria.