Kleine Zeitung: Finales Ringen um strengere Raumordnung
Warum das neue Raumordnungsgesetz jetzt zur Chefsache wurde
Finale koalitionäre Verhandlungen von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Landesrat Martin Gruber (ÖVP) auf Parteichefebene. Knackpunkt ist die Mobilisierungsabgabe für unbebautes Bauland.
Seit Jahren, manche verweisen auf den Beginn 2003, wird in Kärnten zwischen den Koalitionsparteien aber auch mit den Bürgermeistern um ein neues Raumordnungsgesetz gerungen. Das soll die (für die Gemeinden) teure Zersiedelung, also das Bauen auf der grünen Wiese fern der Siedlungsschwerpunkte stoppen, die Ortskerne beleben oder lebendig halten und Einkaufszentren in die Zentren holen. Es soll dem in der Vergangenheit angehäuften Wildwuchs an Zweitwohnsitzen einen Riegel vorschieben und schnellere Verfahren, also weniger Bürokratie bringen.
Hohe Hürde
In der Dreierkoalition (seit 2013) ist die Gesetzesnovelle nicht gelungen. Jetzt wird seit 2018 zwischen SPÖ und ÖVP neuerlich gerungen. Daniel Fellner (SPÖ) als zuständiger Landesrat hat einen komplett neuen Gesetzestext vorgelegt. Doch offensichtlich gibt es nach wie vor eine hohe Hürde: Früher stand eine Widmungsabgabe bzw. die Rückwidmung von Jahrzehnte unbebautem Bauland in Grünland im Raum - und ließ vor allem die Bauernbündler in der ÖVP aber auch manche in der SPÖ „Nein“ rufen.
Jetzt hat die heikle Sache einen anderen Namen bzw. Ansatz: Im aktuellen Gesetzesentwurf ist von der Mobilisierungsabgabe die Rede. Auch weil im SPÖ-ÖVP-Koalitionsvertrag steht, dass es keine Widmungsabgabe geben darf. Verhandler war der damalige ÖVP-Chef Christian Benger, der jetzt im Landtag sitzt und dem Gesetz zustimmen müsste.
Die nunmehr geplante Mobilisierungsabgabe soll die alten, seit Jahrzehnten gewidmeten Baulandflächen in Siedlungsgebieten bzw. in den Entwicklungsflächen der Gemeinde in Umlauf bringen. Sofern die Baulandfläche weiter unbebaut bleibt, muss der Besitzer eine Abgabe je Quadratmeter an die Gemeinde zahlen. Oder er verkauft die Fläche und ermöglicht so ein Bebauung. Ab welcher Grundstücksgröße die Abgabe gelten soll, welcher Betrag zu zahlen ist, darüber wird offenbar noch zwischen SPÖ und ÖVP verhandelt. Fellner will keine Details nennen, bezeichnet sich aber als „glühender Befürworter dieser Abgabe“. Seine Begründung: Eine Widmung stehe in der Entscheidungsgewalt der Politik. Wenn eine seit Jahrzehnten bestehende Widmung nicht verwendet wird, wenn ein Bauland-Grundstück nicht bebaut wird, dann stehe das nicht mehr in der Entscheidungsgewalt der Politik. Und genau da müsse jetzt eingegriffen werden. Wobei die Mobilisierungsabgabe eine „Kann“-Variante werden soll: Die Gemeinden können, müssen die Abgabe nicht einheben.
„In finalen Zügen"
Der Moosburger Langzeitbürgermeister und Landtagsabgeordnete Herbert Gaggl verhandelt für die ÖVP und berichtet, dass die Gesetzesmaterie zur Zeit „Chefsache ist“, also von SPÖ-Chef Landeshauptmann Peter Kaiser und ÖVP-Chef Landesrat Martin Gruber verhandelt werde. Das macht die Brisanz deutlich. Aus dem Büro von Landeshauptmann Kaiser heißt es gegenüber der Kleinen Zeitung: „Keine Details.“ Das umfassende Gesetz sei in den finalen Zügen. Man wolle es nicht gefährden, indem koalitionär abzustimmende Einzelpunkte über Medien diskutiert werden. Ähnlich lautet auch die Antwort von Gruber. Kein Kommentar also.
Kein rascher Beschluss
Weder Gaggl noch Fellner gehen davon aus, dass das Gesetz einmal mehr scheitern könnte. Der zeitliche Fahrplan könnte sich allerdings verschieben. Statt in der ersten Landtagsitzung nach der Sommerpause am 24. September wird das neue Raumordnungsgesetz wohl erst im späteren Herbst oder zu Beginn 2021 beschlossen werden. Auch weil vor allem in den ÖVP-Reihen noch für Zustimmung geworben werden muss, wie Gaggl eingesteht.
Kritik der Opposition
Und die Oppositionsparteien? Gerhard Köfervom Team Kärnten spricht sich gegen einen „Feldzug gegen Zweitwohnsitze von Nichtkärntnern aus“ und warnt mit Blick aufs neue Gesetz: Blockaden von privaten Investoren würden dem Land schaden. Die FPÖ mit Parteichef Gernot Darmann warnt vor einem „Todesstoß für die Gemeinden“ durch das neue Gesetz, denn es werde damit eine weitere Landflucht geben. (Text: Andrea Bergmann)