Kärnten.ORF.at: Künstlerin setzt Klagenfurt „in Brand“
Künstlerin setzt Klagenfurt „in Brand“
Derzeit läuft die erste Kärntner Einzelausstellung der Villacher Künstlerin Katharina Gruzei in der Galerie Freihausgasse in Villach. Am 6. Juni folgt eine Lichtinstallation in Klagenfurt, die den Brand vor 500 Jahren nachstellen soll.
Fotografie, Video, Film, Installationen und Kunst im öffentlichen Raum: Katharina Gruzei ist eine vielseitige Künstlerin. So vielfältig wie die Arbeitsweisen sind auch die Orte, an denen sie arbeitet. In der Ausstellung der Galerie Freihausgasse sind u.a. Fotoarbeiten zu sehen, die in Moskau, Los Angeles, Linz oder auch in Kärnten entstanden.
Kunst „für die ganze Familie“
Trotz internationaler Erfolge ist die erste Ausstellung in Kärnten etwas ganz Besonders, so Gruzei: „Weil das Zurückkommen heißt, dass man etwas mitbringt... es ist für mich etwas anderes, denn wenn ich eine Ausstellung in Tokio habe, kann ich das nicht meiner Familie zeigen. Das ist eine tolle Möglichkeit, dass die Familie das einmal sehen kann.“
Sichtbar machen, was man nicht (mehr) sieht
Reisen und Unterwegssein sind für die Kunst der Katharina Gruzei wichtig. Von großer Bedeutung ist aber auch das Sichtbarmachen dessen, was man nicht sieht. Das fängt schon bei der Geschichte der Fotografie an. Aus dem 19. Jahrhundert gibt es beispielsweise fast keine Fotos von arbeitenden Frauen und schon gar nicht von Fotografinnen. „Mein Zugang war, einen Fotografen zu suchen, der die Nassplattentechnik beherrscht und ich habe mich dann inszeniert und von ihm fotografieren lassen.“ Diese Arbeit hießt „Representing“ in der Bildsprache des 19. Jahrhunderts.
Frauen im Weltall - eine fast unbekannte Spezies
Frauen sichtbar machen ist ein wichtiges Thema der Künstlerin: „Menschliche Protagonisten und sogar Tiere, die in den Weltraum geschossen wurden, sind bekannt. Wenn man nach Astronautinnen fragt, bekommt man keine Antwort, das finde ich sehr störend. Deshalb gab es die große Fotoinstallation an der Nibelungenbrücke in Linz.“ Die Bilder zeigen Frauen und ihre Aufgaben in der Raumfahrt. So war Walentina Tereschkowa schon 1963 im Weltraum war, andere waren Missionsspezialistinnen. Teile dieser Installation sind jetzt auch in Villach zu sehen. Arbeit ist ein weiteres Thema, mit dem sich die 1983 Geborene sehr intensiv beschäftigt - seien es die Menschen, die in der Linzer Schiffswerft arbeiten, Museumswärterinnen in Moskau oder Einwohner von Los Angeles, die aus einem Mangel an öffentlichen Verkehrsmitteln noch mehr arbeiten müssen, nur damit sie sich das Auto für den Weg zur Arbeit leisten können.
Gruzej öffnet „Tür“ ins Kriegs-Museum
Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Moskau wurde 1995 eröffnet. Es faszinierte Katharina Gruzei, dass es ganz anders aussieht, als vergleichbare Museen in Europa. Im Keller gibt es sechs gemalte Monumentaldarstellungen von Kriegsszenen. Die Künstlerin interessierte allerdings, wie die perfekte Inszenierung brüchig wird. Die Bemalung wird außerhalb des Ausstellungsraums an den Wänden fortgeführt, diese Bereich habe sie fotografiert, weil der Duktus der Inszenierung durch Türen, Steckdosen oder Kabel gebrochen und entschärft.
Wer bin ich hier, wer bin ich dort?
Der Blick von außen ist für Katharina Gruzei aber auch eine sehr spannende Möglichkeit mehr über das Eigene zu erfahren. In Los Angeles ist ein Leben ohne Auto fast nicht möglich. Um das Auto zu finanzieren, brauche man aber wieder einen anderen Job. Manche Menschen pendeln für bis sechs Stunden pro Tag, hier zieht sie Verbindungen zum Leben in Villach. In der Ausstellung sind Fotos aus Los Angeles zu sehen, Porträts von Autofahrerinnen und Autofahrern. Zu hören ist, was sie der Künstlerin über ihr Leben erzählten. Gruzei liebt es, zu irritieren und Sehgewohnheiten zu hinterfragen. In jedem besuchten Land geht sie auf Flohmärkte und kauft Fotos.
Drei Leute am Foto sind einer zu viel
Interessant fand sie Fotos mit drei Personen, denn man habe das Gefühl, es gebe ein gewisses Unbehagen, wenn sich drei Leute vor einer Kamera aufstellen müssen. „Es gibt das Einzelportrait, es gibt das Partnerportrait und das Gruppenportrait. Es hat auf mich gewirkt, dass es eine Krise erzeugt, wenn sich drei Menschen aufstellen sollen.“ Tatsächlich irritieren diese Fotos, man versucht sich vorzustellen, was die Geschichte dieser Menschen sein könnte. Was hat der Mann, der so zufrieden zwischen zwei Frauen steht, mit ihnen zu tun. Was verbindet die Frau in einem anderen Foto mit den Männern, die ihr den Arm auf die Schultern legen?
„Stadtbrand“ zu Klagenfurt mit „Feuerlinie“
Noch einen Schritt weiter geht Katharina Gruzei mit ihren Projekten für den öffentlichen Raum. In Lunz am See stand zur Verwunderung aller plötzlich ein weißes Einhorn frühmorgens am Flussufer. Spannend wird es aber bald auch in Klagenfurt: „Es wird eine Lichtinstallation werden, die sich auf den Stadtbrand bezieht, der Grund für die Schenkung war. Das wird im Zuge der Architekturtage mit einer Feuerlinie eröffnet, die lege ich mit einem Pyrotechniker und Feuerwehr im Park.“
„Elsewhere“ von Katharina Gruzei ist noch bis 2. Juni in der Galerie Freihausgasse in Villach zu sehen. Die Installation zwischen dem Architekturhaus Kärnten und der Stadtgalerie in Klagenfurt wird am 8. Juni eröffnet und die Feuerlinie entzündet.
Publiziert am 29.04.2018 bei Kärnten.ORF.at (http://kaernten.orf.at/news/stories/2909603/)