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Kleine Zeitung_19.11.2011_Bauherrenpreis 2011
Lorbeeren für mutige Auftraggeber
Bauherrenpreis 2011: In Klagenfurt wurde gestern einer der renommiertesten Architekturpreise Österreichs vergeben. Ein Siegeskranz blieb in Kärnten.
Wenn man von den Unstimmigkeiten in den Bereichen Verwaltung und Logistik absieht, dann ist das Klinikum Klagenfurt weit besser als sein Ruf. Dafür sorgt nicht zuletzt die innovative Architektur des Krankenhauskomplexes, der mit rund 4000 Bediensteten der drittgrößte seiner Art in Österreich ist. Bei der 44. Vergabe des Bauherrenpreises, die gestern Abend im Klagenfurter Napoleonstadel über die Bühne ging, war der 314-Millionen-Euro-Bau einer von fünf gefeierten Preisträgern. Die Jury mit Otto Kapfinger, Jurij Sadar und Lokalmatadorin Eva Rubin zeigte sich vor allem von der gartenstadtähnlichen Konzeption des Krankenhauses beeindruckt, die gegenüber Kompaktlösungen zwar längere Wege vorsehe, dafür aber einen „Gewinn an Orientierungs- und Aufenthaltsqualität für Besucher und Patienten“ bringe. „Ein klares Farbleitsystem, durchgängige Transparenz und natürliche Lichtfülle sowie die unterschiedlich bepflanzten Höfe schaffen eine entspannte, fast hotelähnliche Atmosphäre“, befand die Jury. Wer das Wiener AKH kennt, weiß, wovon die Rede ist. Mit dem Bauherrenpreis würdigt die Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs seit dem Jahr 1967 Bauwerke, die Funktionalität, Formgebung und gesellschaftliche Relevanz vorbildlich in Einklang bringen. Und nicht zuletzt dem Wagemut von engagierten Auftraggebern zu verdanken sind. Dass diesmal ausgerechnet ein Großprojekt aus Kärnten im Rampenlicht stand, freute vor allem Reinhold Wetschko, der die Preisverleihung nach siebenjähriger Pause wieder einmal nach Klagenfurt holen konnte. „Wir
hatten heuer sehr viele preiswürdige Projekte“, lobte der Kärntner ZV-Präsident die Qualität der insgesamt 123 Einreichungen. 37 davon erhielten eine Nominierung, fünf schließlich den undotierten, aber in der Branche hochgeschätzten Bauherrenpreis. Darunter auch unspektakuläre Projekte wie der Umbau eines Vorarlberger Wirtschaftsgebäudes zum Kulturstadel („Artenne“) oder die Revitalisierung eines denkmalgeschützten Bürgerhauses in Linz. Letzteres „ein Modellfall für neues Bauen im alten Kontext“, bei dem eine nur 6,6 Meter breite „Fast-Ruine“ in einen zeitgemäßen Bankbetrieb von „nobler Grandezza“ verwandelt wurde. „Leichte, pavillonhafte Baukunst“ im Dialog mit der ländlichen Umgebung verkörpert wiederum ein als Holzkonstruktion konzipierter Zubau für die Landwirtschaftliche Berufsschule Ritzlhof im oberösterreichischen Haid, während eine Bergstation für Österreichs größte Gondelbahn im Tiroler Mayrhofen für „urbanes, schnörkelloses Flair im
Hochgebirge“ sorgt. Freilich nur ein kleiner Trost für Zillertaler Naturschützer, die ihre Berge am liebsten unverbaut hätten. Aber selbst ausgezeichnete Architektur hat ihre Grenzen, wie auch das Beispiel Klinikum zeigt. In Kärnten erhielt zuletzt das Liaunig-Museum in Neuhaus (2009) die begehrte Auszeichnung. In den Jahren zuvor ging der Preis an Bene/Zumtobel, Odörfer, Domenigs Stadttheater- Erweiterung, die Kunsthalle Ritter oder das Funderwerk 3 von Coop Himmelb(l)au.
Krankenhaus im Grünen
Klinikum Klagenfurt (Arge Architekten LKH neu): „Die Neudefinition einer ,Gartenstadt‘, die zu dem ins alte Bett verlegten Glanfluss ins Grün ausstrahlt, die allen Zimmern, Stationen, Fluren etc. Ausblicke bietet, erforderte von Bauherrschaft und Management Mut und Überzeugungskraft.“
Runderneuertes Bürgerhaus
Bankhaus Spängler in Linz (Heidl Architekten ZT): „Neues und Altes steht in faszinierender Symbiose; nichts drängt sich vor, alles hat Qualität; erlesenes altes und neues Material wirkt im Dienst des gesamtheitlichen Baucharakters, überraschend bei der Enge die innere Helligkeit aller Etagen . . .“
Neue Maßstäbe im Schulbau
Ritzlhof in Haid (Dickinger-Ramoni): „Das Resultat beeindruckt aus zweierlei Gründen: durch die Materialvorgabe und das einstimmige Votum, ein Projekt zu realisieren, das typologisch und räumlich
gängige Schulbaukriterien hinter sich lässt und im ländlichen Raum Maßstäbe setzt.“
Vorbildliche Revitalisierung
„Artenne“, Nenzing (H. Thum): „Die Atmosphäre der Scheune blieb erhalten; die Interventionen antworten dem Bestand ebenso werkzeughaft, reduziert, roh: das Neue ist nirgends kostbarer als das Alte, doch von gleicher Intelligenz und das Ganze nicht auf Fotos, nur am Ort selbst richtig spürbar.“
Urbanes Flair auf 2000 Meter Seehöhe
Freiraum Ahorn, Mayrhofen (M9 Architekten: Lanzinger): „Urbanes, schnörkelloses Flair im Hochgebirge. Von der Konstruktion bis ins Detail innovativ, ökologisch, vorbildlich: Statt 500 Lkw- Ladungen anzuliefern, wurde aller Beton am Ort erzeugt. Architektur zeigt sich als ortsspezifische, technisch geformte, räumlich interpretierte Natur“.
(Text: ERWIN HIRTENFELDER)
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