Nachruf: Friedrich Kurrent 1931 - 2022
10.01.2022
weiterlesen …FRIEDRICH KURRENT – meine persönliche Sicht auf ihn.
Aus meiner Bewunderung für seine genialen städtebaulichen Zeichnungen und die inhaltsreichen und Aufbruch verheißenden Projekte der Arbeitsgruppe 4 und dann der 3/4ler, vor allem der Projekte, die auch gebaut wurden und deren Raumwirkung man vor Ort erleben konnte, hat sich Schritt für Schritt der vielseitige und bewundernswerte Mensch Kurrent für mich in den Vordergrund geschoben. War die gedankliche Brücke zu seiner Person, nachdem er seine Professur in München antrat, zu Beginn mehr indirekt durch Gaststudierende der TU-München an der Akademie der bildenden Künste in Wien gegeben, wandelte sich das durch Besuche und Informationsaustausch in und mit seiner Lehrkanzel in München. Besondere Vorbildwirkung für den eigenen Unterricht steckte in seinen legendären Studienreisen, in den profunden Recherchen für jedes Konzept und in der Entwicklung von Architekturmodellen, die sich vorrangig mit der Raumstruktur auseinandersetzten. Siehe die späteren „Raummodelle“ in Ausstellungen und Publikation. Letztlich führte mich auch die Bewerbung für seine Nachfolge zu einem Vortrag geladen nach München, die sich nicht erfolgreich gestaltete. Kurrent kehrte nach seiner Emeritierung Wien zurück und setzte gleich mit dem Umbau und der Adaptierung des alten AKH eine richtungsweisende Intervention für die Stadtentwicklung Wiens.
Während meiner späteren Tätigkeit in Kärnten mit dem Aufbau der Architekturausbildung in Spittal an der Drau wirkten viele Aspekte seines Denkens anregend bei der Ausgestaltung der Lehre und dem Herausfinden was wesentlich für Studierende sein könnte. Für die Faltpublikation Ausdruck 09 der FH Kärnten konnte ich ein ausführliches Interview mit Friedrich Kurrent führen. Viele wiederkehrenden Besuche führten mich, wie viele andere, die ihn schätzten, nach Sommerein zu seinen Veranstaltungen in das einzigartige für seine Maria Biljan-Bilger geschaffene Ensemble aus Gebäude und der umgebenden Landschaft. Kurrent stellte auch 2015 im Architektur Haus Kärnten Zeichnungen zum Thema Erlebnis Raum als Gegenüberstellung zu Fotografien von Gerhard Assam aus. – 2016 unterstütze mich Friedrich Kurrent beim Start des Bauarchivs Kärnten, gab ein Interview im Cafe Raimund über seine Beziehungen zu Kärnten. Er übernahm auch die Diplombetreuung eines Kandidaten zum Thema einer Moschee und hielt eine launige Ansprache bei meiner Ausstellung im Herbst 2017 in Spittal an der Drau.
Gespräch mit Friedrich Kurrent im Cafe Museum, 2016
Das Überzeugendste an Kurrent war vielleicht sein unbekümmertes kritisches Eintreten gegen verfehlte Lösungen, gegen falsche der ökonomischen Unvernunft oder anderen das menschlichen Umfeld schädigenden geschuldeten Vorgangsweisen. Dass er die Kraft und Ausdauer aufbrachte, dies dann in der Öffentlichkeit mit allen Konsequenzen durchzustehen, zeichnete ihn aus. Die ÖGfA bildete hier mit anderen Mitstreitern von Anbeginn den Ort inhaltlicher Diskussionen, die stark durch seine Person geprägt waren. Seine in mehreren Bänden dargelegten Erinnerungen sind in einfachen Worten verständliche und immer weiter gereifte persönliche Einsichten. – „Mehr und mehr komme ich mit weniger und weniger aus. Die Nullerjahre“ oder davor in „Aufrufe, Zurufe, Nachrufe“ – alle im Müry Salzmann Verlag erschienen.
Nun ist Friedrich Kurrent seine letzte Reise angetreten. Uns wird in seiner Person ein genialer Architekt und großer Ideengeber, ein Vorkämpfer und zugleich ein bescheidener Mensch fehlen! (Nachruf: Peter Nigst)