Bauen am Land: „speiseKAMMER21 – ein Feuerwerk der Ideen“
Bauen am Land: Teil 6
BAUKULTUR IM KÄRNTNER BAUER
Schwerpunkt im Rahmen vom Baukulturjahr 2021
von der FH Kärnten, dem Architektur Haus Kärnten und der Landwirtschaftskammer Kärnten
Vorwort
Qualität oder Quantität?
„Jeder Land- und Forstwirt ist ohne besondere Bewilligung berechtigt, seine selbst erzeugten Urprodukte und be- und verarbeiteten Produkte direkt an der Betriebs- oder der Erzeugungsstätte (Feld) auch durch Selbsternten der Kunden oder über Automaten zu verkaufen.“ (Rechtsauskunft der LK, Stand: 2021-02).
Diese Möglichkeit nützen viele Landwirt*innen, um sich ihren Lebensunterhalt zusätzlich zu sichern – denn die schwere Arbeit am Hof reicht besonders bei kleinen Betrieben dafür oft nicht aus. Es braucht Zusatzeinkünfte über einen Nebenerwerb oder die Vermarktung eigener Produkte – und das zu einem fairen Preis!Die steigende Nachfrage der Kund*innen und die Dankbarkeit über die Verfügbarkeit regionaler Produkte bringt den Bauern und Bäurinnen über den Zugewinn hinaus auch die gebührende Wertschätzung ein.
Neben der Ab-Hof Variante gibt es heutzutage die Möglichkeit, die Produkte auch über autark funktionierende Selbstbedienungsläden zu beziehen. Anonymes Einkaufen - rund um die Uhr ohne aufwändigen Personaleinsatz oder zusätzlichen Arbeitsaufwand - bringt Vorteile für Käufer*innen und Produzent*innen.
Diese Potenziale erkennen auch die „großen“ Lebensmittelkonzerne. Sie haben ihrerseits selbst begonnen, eigenständig funktionierende Versorgerboxen aufzustellen, und bieten ohne großen Mehraufwand, auch regionale Produkte zum Kauf an. Abgesehen davon, dass sie damit den bestehenden Läden der Bauern und Bäurinnen Konkurrenz machen, denen das Privileg, Produkte selbst und authentisch anzubieten, vorbehalten bleiben sollte, birgt diese Vorgehensweise der Handelsbetriebe aber auch eine raumplanerische Gefahr. Während die Ortskerne sterben und mit Leerständen kämpfen, werden diese Verkaufsräume meist auf großen Parkplätzen von Fachmarktzentren am Ortsrand aufgestellt.
Ein starkes Gegengewicht dazu und ein positiver und zukunftsfähiger Impuls für unsere Städte, Dörfer und damit auch für die regionale Lebensmittelversorgung ist daher gefragt.
Der Wettbewerb „speiseKAMMER21“ der FH Kärnten in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Kärnten hat daher neue und innovative Lösungen gesucht und gefunden – Nachhaltigkeit in vielfacher Hinsicht.
speiseKAMMER21_österreichweiter Ideenwettbewerb
von Arch DI Sonja Hohengasser (FH Kärnten)
Ein Wettbewerb bringt eine Vielzahl von innovativen Lösungsvorschlägen für ein und dieselbe Aufgabenstellung.
Der 10. österreichweite Ideenwettbewerb, ausgelobt von der FH Kärnten, Studienbereich Architektur mit den Schwerpunkten rurales und soziales Bauen in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Kärnten, sucht Inspirationsquellen für Landwirte.
Gesucht wurden einfache, atmosphärische, klar konstruierte Räume aus Holz, die der Qualität der Produkte entsprechen und aus regionalen Materialien im Selbstbau errichtet werden können. Die Flexibilität in der Verwendung soll zum einen den Vertrieb von hochwertigen Lebensmitteln der umliegenden Bauernhöfe ermöglichen, zum anderen aber auch beispielsweise die Verwendung als Bühne auf dem Dorfplatz für ein Puppentheater oder ähnliches. Das Ziel ist es, eines der drei preisgekrönten Projekte gemeinsam mit den Schüler*innen und Studierenden umzusetzen.
Neben dem Publikumspreis, der online ermittelt worden ist, hat die Jury (Abb. 01) aus den 132 eingereichten Projekten 3 Preisträger*innen und 2 Anerkennungen in 5 von ihr ernannten Kategorien gekürt. AM HOF zeigt räumliche Systeme, die in oder unter bestehenden Strukturen am Hof aufgestellt werden können. Die Kategorie FREILAND umfasst Selbstbedienungsräume mit einer schützenden Hülle – entsprechend den bekannten Selbstbedienungsläden – und die Kategorie URBAN zeigt Lösungen, die auch für das städtische Umfeld geeignet sind. Weiters gibt es die Themenbereiche MOBIL und VERKAUFSTAND, in der je eine Anerkennung vergeben worden ist. Zusätzlich hat das Genussland Kärnten 3 Genussgutscheine gesponsert und unter den Teilnehmer*innen verlost.
In der Kategorie AM HOF konnte die speis(e)box die Jury überzeugen. Eine simple Box aus regionalem Holz, die aus modularen Rahmen besteht und mit verschieden großen Boxen gefüllt und in vorhandene Strukturen am Hof platziert werden kann. (Abb. 02)
Das Team der TU Wien entschied sich bewusst gegen einen begehbaren Raum und für eine Struktur, die leicht auf- und abbaubar ist und sowohl als zweiseitig bedienbares Regal im öffentlichen Raum als auch für andere Nutzungen verwendet werden kann. Die Boxen, die gerade nicht im Regal benötigt werden, können als Sitzmöbel im Außenraum genutzt werden und bieten zusätzlich einen attraktiven Aufenthaltsort für die Menschen in der Umgebung.
Mit dem Projekt nahGUAT ist erstmals auch ein Team der FH Kärnten unter den Preisträger*innen.
nahGUAT ist eine im FREILAND stehende Speisekammer im grünen Mooskleid mit drei Photovoltaik-Elementen, die im Lebensmittelbereich als geschlossener Kern ausgebildet ist und im vorgelagerten Gehbereich mit luftigen Holzlamellen geschlossen wird. Das interessante Licht- und Schattenspiel im Innenraum ist den vertikalen Schlitzen in der Konstruktion zu verdanken (Abb. 03).
„Einmal im Monat werde ich auf den Dorfplatz transportiert und sorge am Wochenmarkt für Kinderunterhaltung. Sie lieben Kasperl und Seppel. Ich mag Gretel am liebsten. Die ausgenommene Beplankung des Schranksystems wird dann nach außen hin runter geklappt, somit bildet sich ein Tisch, ein Tresen oder eine Bühne. Tja und plötzlich bin ich dann auch Glühweinstand oder betreuter Verkaufsladen.
Das bin ich und das kann ich.” (Textauszug Team nahGUAT)
Die . Cammera ist das prämierte Projekt in der Kategorie URBAN. (Abb. 04)
Es versteht sich als Zwischendepot an der Schnittstelle zwischen Stadt und Land, das täglich von den Landwirt*innen mit Obst- und Gemüsekisten neu bestückt wird.
Diese Euronorm-Kisten dienen gleichzeitig auch als ausschlaggebendes Maß für Gliederung und Erscheinung des Entwurfes.
Ein Fahrradkurier übernimmt – ähnlich wie es bei Lokalen heutzutage schon üblich geworden ist - neben dem Selbstbedienungsbereich die Auslieferung der vorbestellten Waren und unterstützt den Kreislauf vom Feld auf den Tisch.
ALLE PROJEKTEINREICHUNGEN finden Sie hier:
https://www.fh-kaernten.at/studium/bauingenieurwesen-architektur/speisekammer21
Vielen Dank an alle Unterstützer*innen, und an alle 271 Teilnehmer*innen, die sich durch ihren Beitrag mit der Thematik Regionalität und Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben und dadurch den bäuerlichen Produkten eine sehr hohe Wertschätzung entgegengebracht haben.
Links und mehr Informationen:
www.baukulturleben.at Baukulturjahr 2021 in Kärnten
www.architektur-kaernten.at Architektur Haus Kärnten
www.fh-kaernten.at/studium/bauingenieurwesen-architektur Fachhochschule Kärnten, Studiengang Architektur
ALLE PROJEKTEINREICHUNGEN finden Sie hier: https://www.fh-kaernten.at/studium/bauingenieurwesen-architektur/speisekammer21
Fotos © Sonja Hohengasser, Projektdarstellungen: Projektteams
Den vollständigen Artikel finden sie seitlich unter Downloads ...