Kleine Zeitung_09.04.2015_Sich treiben lassen, geht nicht
„Sich treiben lassen, geht nicht"
Andreas Rudigier, Chef des „vorarlberg museum", leistet Beistand in Sachen Landesmuseum.
Eine prominente Kärntner Politikerin soll dieser Tage im kleinen Kreis gesagt haben, bei ihr habe sich noch keiner aufgeregt, dass das Landesmuseum zugesperrt ist. Was würden Sie dem entgegenhalten?
ANDREAS RUDIGIER: Dass noch keiner in unser Museum gekommen ist, dem diese Politikerin abgehen würde. Klar, man kann Grundsatzdiskussionen über vieles führen, aber dass ein Land ein kulturelles Gedächtnis braucht und gleichzeitig eine Stelle, wo man sich mit Geschichte und Gegenwart auseinandersetzt,. das versteht sich hoffentlich von selber. Würde man eine Umfrage in der Bevölkerung machen „Wollen wir ein Landesmuseum?" dann hätte man doch gute Chancen, eine Mehrheit zu bekommen. Die Frage ist natürlich: Wollen wir auch 30 Millionen Euro dafür ausgeben? Da bin - ich mir nicht mehr so sicher. Ich selber war ja vor einigen Jahren selber Gegenstand einer Volksabstimmung. Es ging um ein regionales Museumsprojekt von mir, das zu modern war und auch abgelehnt wurde. Aber hätten wir nur über das Montafoner Heimatmuseum als solches abgestimmt, dann wäre das anders ausgegangen.
Mittlerweile leiten Sie das „vorarlberg museum", das 2013 neu eröffnet wurde. Wurde dieses je von irgendeiner Seite infrage gestellt?
RUDIGIER: Nein, und das, obwohl der Bau rund 35 Millionen Euro gekostet hat. Ich habe da durchwegs positive Rückmeldungen. Die Leute sehen es ein, dass man für ihre Sache, nämlich das Vorarlbergerische, Geld ausgegeben hat. Mehr als einmal haben Menschen zu mir gesagt, die sich eine Stunde durchs Haus bewegt haben: „Jetzt bin ich etwas mehr stolz, Vorarlberger zu sein."
Schlägt sich dieser Stolz auch in Besucherzahlen nieder?
RUDIGIER: Es läuft sehr gut. Wir hatten seit der Eröffnung im Juni 2013 circa 100.000 Besucher.
In Bregenz wurde ein Neubau errichtet. In Kärnten ist das schon aus finanziellen Gründen nicht drin. Was könnten Sie unseren Politikern raten?
RUDIGIER: Das Haus muss bald wieder zeigen können, dass es eine Relevanz für alle Kärntner hat - wo ein Politiker gar nicht mehr auf die Idee kommt, so einen Spruch laufen zu lassen. Aber das ist harte Arbeit und dauert Jahre. Eine neue Architektur könnte dabei hilfreich sein. Schauen Sie sich nur die Kunsthäuser an: das sind durchwegs neue Bauten mit vielen Möglichkeiten. So ein historisches Gebäude ist ein brutaler Rucksack. In Kärnten hat man noch den Vorteil, dass das Rudolfinum von Beginn an als Museum konzipiert wurde, allerdings nach den musealen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts. Da hat sich inzwischen viel geändert. Angesichts der finanziellen Situation in Kärnten ist es aber schwer, den Rat zu geben: „Baut's ein neues Museum"
Sie «kommen am Donnerstag nach Klagenfurt, um hier über die Zukunft des Kärntner Landesmuseums zu diskutieren: Warum tun Sie sich diese weite Reise an?
RUDIGIER: Wir haben doch alle mit ähnlichen Problemen zu tun. Landesmuseen haben einen universalen Charakter, sind Einrichtungen, die für alle da sind und gleichzeitig kann man nicht jedem Gedanken nachlaufen. Sich treiben lassen, geht auch nicht. Deshalb ist es sehr wichtig zu sehen, wie es anderswo läuft. Oder auch nicht. Für mich ist das eine Horizonterweiterung und wenn ich Direktor Jerger bei seinem Bemühen um ein zeitgemäßes Museum unterstützen kann, tu ich das gerne.
(INTERVIEW: ERWIN HIRTENFELDER)
LANDESMUSEUM NEU
Seit vielen Jahren ist das Kärntner Landesmuseum Rudolfinum ein Sanierungsfall, seit 2013 endgültig geschlossen.
Heute, 19 Uhr, findet im Klagenfurter Napoleonstadel die letzte Veranstaltung der Diskussionsreihe zur Zukunft des Museums statt. Mit dabei: Dir, Thomas Jerger, Andreas Rudigier (vorarlberg museum), Michael Weese (LM Burgenland) und Brigitte Schlögl (LM Niederösterreich).