Installation CoForum
von Sebastian Hicks und Stefan Breuer
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Das CoForum vor dem Architektur Haus Kärnten ist ein einzigartiges soziales Kulturventil - ein kreatives Instrument im Heute zur Navigation ins Morgen. Der temporäre architektonische Raum ist aus Holz maßgefertigt, im menschlichen Massstab, schlicht und bescheiden, haptisch erlesen, hochwertig und zugleich sinnlich, verheißungsvoll und inspirierend. Wenn man ihn öffnet, entfaltet sich ein Raum des gesellschaftlichen Dialogs. Dieser ist facettenreich, anpassungsfähig an die Umgebung, sowie an die Bedürfnisse und Themen der Nutzer*innen. Das CoForum bildet den Rahmen für wertschätzende Begegnungen und wundervolle Erfahrungen. Über einen Monat lang lädt das CoForum vor dem Architektur Haus Kärnten in Klagenfurt ein zur Entdeckung und Teilnahme. Auf Einladung wird der Raum durch unterschiedliche Formate bespielt werden.
„When people gather, walls come down.“ Sebastian Hicks
Installation von 13.06. – 13.07.2022 vor dem Architektur Haus Kärnten
Das CoForum ist ein absolut neues Format, dass Kulturschaffung, -wahrnehmung und -reflexion unter ganz neuen Gesichtspunkten ermöglicht. Es wird eine räumliche Struktur angeboten, welche den Dialog anregt, Herausforderungen identifiziert und als kreatives Instrument zur Navigation auf Basis der Gegenwart in die Zukunft wirkt. Die starke, klare Botschaft der Struktur ist die einer Gruppe befähigter Bürger*innen, die als Gemeinschaft handeln, um ein zusammenhängendes Ganzes zu schaffen, das von Zusammenarbeit und (bedingungsloser) Gastfreundschaft geprägt ist - eine Antwort auf das nachwirkende ‚social distancing‘ der vergangenen Monate. Es kann auch als Instrument zur Schaffung des öffentlichen Raums und Diskurses angesehen werden. Als kultureller Weg aus der Krise und zugleich als ein von Konventionen befreiter Experimentierraum.
Die Grundform dieses Raumes ist ein Oval, dessen Wand aus zusammengelegten präzise gefertigten faltbaren Stühlen aus Holz besteht. In seiner vollständigen Form ist der Raum ein Monolith, ohne Eingang oder Ausgang. Eine Person, die den Raum betreten möchte, muss einen Stuhl entfernen. Auf diese Weise entsteht ein Fenster, das den Blick freigibt. In dieser geschlossenen Form ist der Raum ein Ort der Kontemplation und des Schutzes. Der Raum kann dann Klanginstallationen, Bewegungsworkshops, Veranstaltungen, die intim und besinnlich sind beherbergen - Nimm einen Stuhl und es entsteht eine Öffnung zwei Stühle bilden einen Eingang. Je mehr Menschen sich im Raum versammeln, desto mehr fallen die Wände. Die Ansammlung von Menschen bringt Licht und Transparenz. In dieser Form ist der Raum ein Ort des Austauschs. Wenn der Pavillon vollständig entkleidet ist, wird er zu einem Raum der Präsentation, der Aufführung/Performance und der Feier.
Der ‚sichere‘, teilweise geschlossene Raum im öffentlichen Raum ermöglicht eine kollektive Konzentration, die Menschen dazu bringen kann, temporäre Gemeinschaften zu schaffen, die sich mit zeitgenössischen Themen befassen. Die poröse Natur des Raums bietet ein Zusammentreffen auf mehreren Ebenen durch die Beteiligten, entweder als Betrachter*in am Rande des Geschehnisses oder als aktive Kurator*in - nehmen Sie einen Stuhl und positionieren Sie ihn in der Mitte des Pavillons. Die organische Reaktionsfähigkeit des Raums ermöglicht es der Öffentlichkeit, innerhalb ihrer Komfortzone zu bleiben oder diese zu durchbrechen, je nachdem, wonach ihr ist - ihre Positionierung in Bezug auf den Raum ist eine ‚Handlung‘ in sich. Diese natürliche ‚Kontrolle‘ über den Raum hat nachweislich die spontane Teilnahme an Debatten und Dialogen erhöht.
Das Projekt ist der zweite Pavillon, der die Grundstruktur einer aus Faltstühlen gebauten Begrenzungswand aufweist, die das transformative Potenzial des Menschenkollektivs hervorhebt. Die ‚Chapel of Many‘, welcher Sebastian Hicks in Coventry/Großbritannien realisierte, wird als Partnerprojekt fungieren wodurch der Dialog zwischen den beiden Strukturen und Kulturen aktiviert wird. Der gegenseitige Austausch geht dabei Hand in Hand mit einer Steigerung der regionalen Bekanntheit und Positionierung im transnationalen Kulturdialog.
Die Materialität des Pavillons speist sich aus dem bedeutenden und nachwachsenden Rohstoff des Landes Kärnten - Holz. Gemeinsam mit dem handwerklichen Herstellungsprozess werden zwei identitätsstiftende Aspekte bereits bei der Geburt des Ovals eingeschrieben - Die Wertschätzung von umweltschonenden lokal verfügbaren Baumaterialien und die Wertschätzung von Wissen in Form von Handwerk.
Der Akt des Entfernens eines Stuhls wird durch den Akt der Positionierung des Stuhls konsolidiert, entweder innerhalb oder außerhalb der Grenzen des Pavillons. Es wird eine neue Beziehung aufgebaut. Gruppen werden gebildet, immer im Kontext des magnetischen Zuges in die Mitte des Raumes. Wenn immer mehr Menschen mit der Struktur interagieren, werden die Wände komplett aufgelöst - Die Versammlung von Menschen bringt Licht und Transparenz.
Das zentrale Ethos des Pavillons ist eines, sich mit Denkideen der Zugehörigkeit auseinanderzusetzen, dem Verhältnis des Individuums zum Kollektiv. Das Nehmen oder Anbieten eines Stuhls wird zu einem Akt der räumlichen Kuration.
Das kinematische Objekt, das in die Hände der Öffentlichkeit gelegt wird, ist ein Akt des Vertrauens, jener die mit der Struktur und miteinander interagieren. Die Sorgfalt, mit der die Struktur gestaltet wird, stimuliert eine gleiche Reaktion der Pflege. Der öffentliche Raum wird neu erfunden als einer des unmittelbaren Respekts statt robuster Anonymität. Die Wärme des Holzes und die menschliche Größe der Elemente schaffen ein gemeinsames Gefühl von Eigentum und damit Verantwortung - eine soziale Skulptur!
„Traversing the scale between furniture and building, reconciling the hand-constructed artefact, at human scale, with the built environment. This direct line between natural material, hand assemblage and the architectural building, facilitates the direct agency of the individual as a co-curator, not only in the constructed space but also in the object production. This acts as a counter narrative to the dominant, top-down, intellectually distanced, abstracted modes of creation. Essentially, it is the empowerment of the civic community to activate change - ‚E Pluribus Unum‘ (out of many, one), that is the central ethos of the pavilion.“
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Stefan Breuer und Sebastian Hicks haben gemeinsam an der Akademie der bildenden Künste Wien Architektur studiert und ihre Diplome bei Eyal Weizmann und Carl Pruscha erlangt. Seit damals realisieren sie gemeinsam Projekte deren Palette von künstlerischen Interventionen bis hin zu Entwicklungszusammenarbeit reicht. Beide forschen und unterrichten im Bereich Architektur und zwar an der Coventry University/UK und an der Fachhochschule Kärnten/A.
Auf Einladung vom Architektur Haus Kärnten mit DI Raffaela Lackner wurde bereits 2020 mit der Planung des CoForum für Kärnten begonnen. 2022 wird das Projekt durch eine Förderung des BMKÖS gemeinsam mit dem Architektur Haus Kärnten umgesetzt.
Sebastian Hicks
Architect, Course Director for Master of Architecture, Coventry University, Research Associate: Centre for Trust, Peace and Social Relations. Sebastian’s research, pedagogy and practice explores ambiguity and the socio-spatial structure. The CoForum and, before this the ‘Chapel of Many’ are projects that specifically engage with reconciliation through the non-discriminatory structure. Whilst remaining playful, the objects/spaces/structures try to maintain an honesty and integrity through the careful preservation of the essence of a simple idea. Ambiguity is used as a way to counter the prevalence of the hyper-specific, the ambiguous object is seen as the catalyst for new forms and relations to emerge.
Sebastian@kai10.co.uk
Stefan Breuer
Senior Researcher und Lecturer an der Fachhochschule Kärnten im Studiengang Architektur.
Architekturschaffend, - forschend-, und -vermittelnd. Mit kritischem Blick die Lage der aktuellen Raumproduktion zu analysieren und vorzeitig Potenziale der BauWende aufzuzeigen gehört zu seinem Credo. Das Engagement reicht von ehrenamtlicher Tätigkeit in UmBauKultur-Initiativen bis zu Forschungsarbeiten für das Land Kärnten. Schwerpunkte seiner Arbeit sind soziales und zirkulares Bauen, systemische Analysen des Baubestandes, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Design-Build. Seit dem Studium hat er zudem in unterschiedlichen Funktionen bei dutzenden Ausstellungen im In- und Ausland mitgearbeitet.
temporer@gmx.at
CoForum – Collaborative Forum
Installation von Sebastian Hicks und Stefan Breuer
von 13.06. – 13.07.2022
Architektur Haus Kärnten
Ein Projekt vom Architektur Haus Kärnten mit freundlicher Unterstützung vom BMKÖS (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport) im Rahmen der Förderung „Neustart Kultur“ .
Wir danken allen Sponsoren, Unterstützer:innen und Kulturinitiativen für die Bespielung des CoForum 2022.
Team/Beteiligte:
Architektur: Sebastian Hicks und Stefan Breuer
Organisation und Realisation: Stefan Breuer, Raffaela Lackner, Nadine Thaler, Sebastian Hicks, Fritz Klaura, Möbel Wolfschenger, UNX Events, Nadine Thaler, Herbert Nagl, Helena Janda
Ein Projekt im Auftrag für das Architektur Haus Kärnten und mit freundlicher Unterstützung vom BMKÖS. Wir danken allen Sponsoren, Unterstützer:innen und Kulturinitiativen für die Bespielung des CoForum.